piwik no script img

Machtkampf in VenezuelaPolizei erschießt Demonstranten

Die Nerven sind angespannt in Venezuela, die Straße wird zum Kampfplatz. Beobachter sprechen von den härtesten Protesten seit Monaten.

Die Nationalgarde geht mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor Foto: ap

Caracas/Frankfurt a.M. epd/dpa | Der Machtkampf zwischen Regierung und Opposition in Venezuela eskaliert weiter. Bei einer Demonstration von Regierungsgegnern kam es am Donnerstag (Ortszeit) in und um die Hauptstadt Caracas zu heftigen Ausschreitungen. Ein Demonstrant wurde getötet, zahlreiche weitere wurden verletzt. Die Polizei stoppte den Sternmarsch in Richtung Stadtzentrum mit dem Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen, wie die Zeitung El Universal in ihrer Online-Ausgabe berichtete. Für Samstag rief die Opposition zu weiteren Protesten auf.

Der 19-jährige Regierungskritiker wurde im Caracas-Vorort Montaña Alta im angrenzenden Bundesstaat Miranda getötet, wie der dortige Polizeisprecher, Miguel Mederico, am Freitag über den Nachrichtendienst Twitter erklärte. Der Student wurde laut Medienberichten erschossen, als Oppositionelle eine Straßensperre der Sicherheitskräfte durchbrechen wollten.

Tausende Oppositionelle hatten sich an der Protesten beteiligt, mehrere Dutzend Demonstranten wurden laut Medienberichten verletzt ebenso wie ein Mitglied der Nationalgarde. Auf Transparenten und in Sprechchören forderten die Regierungskritiker „Neuwahlen jetzt“ und die Absetzung von sieben Richtern des Obersten Gerichtshofs.

Der frühere Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles kritisierte den Polizeieinsatz als „aggressiv“ und sagte: „Ich schäme mich für diese Regierung.“ Mindestens 20 Menschen wurden nach Angaben der Regierung festgenommen. Vizepräsident Tareck El Aissami warf der Opposition vor, gewalttätige Zusammenstöße zu provozieren und „planmäßig den Sturz der Regierung zu betreiben“.

Ende März hatte das Oberste Gericht das von der bürgerlichen Opposition dominierte Parlament in einem höchst umstrittenen Urteil entmachtet. Nach heftigen Protesten im In- und Ausland nahmen die Richter ihre Entscheidung wenige Tage später wieder zurück. Die Opposition wirft Regierung und Justiz vor, die rechtsstaatliche Ordnung auszuhebeln und auf eine Diktatur zuzusteuern.

Seit Jahren liefern sich die sozialistische Regierung des Landes unter Präsident Nicolas Maduro und die Opposition einen erbitterten Machtkampf. Das Parlament wird von der Mitte-rechts-Opposition dominiert. Maduro wittert eine Verschwörung des bürgerlichen Lagers und des Auslands gegen seine sozialistische Regierung. Die Opposition kritisiert den autoritären Regierungsstil. Die Lage ist zudem angespannt, weil Venezuela unter anderem wegen des Ölpreisverfalls eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise durchlebt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!