Maaßen und Verfassungsschutz: Einstufung redlich verdient
Hans-Georg Maaßen war von Anfang an der Falsche beim Verfassungsschutz. Es braucht jetzt einen Untersuchungsausschuss zu seiner Amtszeit.
D er Fall Maaßen zeigt einmal mehr: Der Verfassungsschutz hat ein systematisches Problem. Hans-Georg Maaßen ist nicht der erste Chef des Geheimdienstes, der nicht nur eine miese Bilanz hat, sondern auch seine Hand schützend über rechtsextreme Parteien, Gruppen und Personen hielt. Parlamentarisch ist spätestens jetzt die Aufarbeitung geboten. Dafür braucht es einen Untersuchungsausschuss zu Maaßens Amtszeit.
Diese berechtigte Forderung ist gewissermaßen ein Treppenwitz der Geschichte. Denn wir erinnern uns: Angetreten war Maaßen offiziell, weil er das Vertrauen in den Geheimdienst wiederherstellen sollte, nachdem sich das NSU-Kerntrio selbst enttarnt hatte. Zahlreiche Unterlagen wurden unter seinem Amtsvorgänger Heinz Fromm geschreddert. Danach sollten Untersuchungsausschüsse aufklären.
Unter Maaßen sollte sich beim Geheimdienst viel verbessern, offensichtlich war er der Falsche dafür: Er hielt während seiner Amtszeit seine schützende Hand über die AfD, soll sie gar beraten haben, wie sie sich strategisch einer Beobachtung entziehen könne. Schließlich diskreditierte er sich vollends mit Verschwörungserzählungen nach rechtsextremen Hetzjagden in Chemnitz 2018, die er quasi-amtlich in die Öffentlichkeit blies.
Nach seiner Demission hat er sich seine Einstufung als Beobachtungsobjekt redlich verdient: Er propagierte die Verschwörungsideologie vom großen Austausch, sprach vom „eliminatorischen Rassismus gegen Weiße“, äußerte sich antisemitisch und kuschelte mit Rechtsextremen. Von der AfD war er in seinen Äußerungen zuletzt nicht mehr unterscheidbar. Dass ein Mann mit solcher Haltung in sensiblen Sicherheitsbehörden Karriere machen konnte, ist ein Warnzeichen.
Dass Maaßen danach nicht einfach in die AfD eintrat, macht ihn umso gefährlicher: Ihm geht es offenkundig darum, die extrem rechte AfD aus der politischen Isolation zu holen. Sein Vehikel dafür ist seine kürzlich als Partei gegründete Werteunion, in der er allerhand Grenzgänger zwischen Union und extremer Rechter zusammengeführt hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind