MINISTER TIEFENSEES VORSTOSS ZUR KFZ-STEUER WAR ÜBERFÄLLIG: Dem Klima schaden muss kosten
Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee will einen Anachronismus abschaffen – und das ist gut so. Seit 1954 orientiert sich die Höhe der Kfz-Steuer zum Großteil am Hubraum eines Autos. Je größer der Motor, desto dicker das Portemonnaie des Besitzers, desto höher die Steuer – so kalkulierten die Steuerfachleute damals. Abgasreinigung und klimaschädlicher CO2-Ausstoß waren für sie noch völlig unbekannte Wörter.
Das ist seit nunmehr 15 Jahren anders, und so ist eine Anpassung des Steuerrechts seit langem überfällig. Schon Rot-Grün hatte entsprechende Pläne, verfolgte sie wegen einer koalitionsinternen Kommunikationspanne aber nicht weiter. Auch im schwarz-roten Koalitionsvertrag tauchte ein entsprechender Passus auf. Nicht einmal der ADAC hat prinzipielle Einwände. Jetzt will Verkehrsminister Tiefensee endlich konkret werden. Dafür ist er ausnahmsweise einmal zu loben.
Nun kommt es darauf an, wie die Steuer ausgestaltet wird. Dass die Bundesregierung hier tatsächlich ambitioniert vorgeht, ist leider nicht zu erwarten. Den Vorschlag der EU-Kommission, den durchschnittlichen CO2-Ausstoß auf 120 Gramm pro Kilometer zu begrenzen, hat die Merkel-Truppe bereits gekippt, nachdem die deutsche Autolobby mit massivem Arbeitsplatzabbau gedroht hatte. Im Gegensatz zu den japanischen Herstellern liegen die hierzulande produzierten Wagen nämlich weit über dem angepeilten Grenzwert.
Heute bläst die deutsche Autoflotte mehr CO2 in die Atmosphäre als 1990. Um das zu ändern, müsste den Autobesitzern von Anfang an klar sein, wie teuer sie ihre Spritschlucker tatsächlich kommen. Bisher unterschätzen die meisten die realen Kosten um etwa 50 Prozent. Eine Kfz-Steuer, die klimaschädliche Wagen extrem viel stärker belastet als umweltfreundlichere Autos, wäre für viele Haushaltskassen kein einfach zu ignorierender Posten. Noch wirkungsvoller wäre es natürlich, zusätzlich schon beim Autokauf eine happige Klimasteuer zu erheben und so den Preis für dicke Autos unübersehbar in die Höhe zu treiben. Undenkbar? In Dänemark gibt es so etwas schon. ANETTE JENSEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen