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MDR schmeißt Uwe Steimle rausLoyalität sticht

Der MDR beendet die Sendung des Kabarettisten. Der war durch rechte Positionen aufgefallen. Aber das scheint nicht der Hauptgrund zu sein.

Kabarettist Uwe Steimle performt auf dem Dresdner Neumarkt Foto: Sven Ellger/imago images

Berlin taz | Mehrfach schon war der sächsische Kabarettist Uwe Steimle mit rechter Provokation aufgefallen. Nun zieht sein Sender Konsequenzen. Der Mitteldeutsche Rundfunk hat am Mittwoch angekündigt, die Zusammenarbeit mit Steimle zu beenden und seine Sendung, „Steimles Welt“, abzusetzen.

Der Sender reagiert damit auf wiederholte öffentliche Vorwürfe Steimles gegen den MDR. Es sei der „Punkt erreicht, der eine weitere Zusammenarbeit für uns unmöglich macht“, teilte Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi auf Twitter mit. Die Sendung „Steimles Welt“, die bislang vierteljährlich ausgestrahlt wird, werde daher im Jahr 2020 nicht fortgesetzt. Auf Steimles eigener Webseite ist bereits zu lesen: „Die Sendung wurde eingestellt“.

Steimle, Kabarettist und Fernsehschauspieler, wuchs in Dresden auf und lernte Schauspiel in Leipzig. Nach der Wende wurde er zu einem der bekannteren Gesichter des Unterhaltungsfernsehens im wiedervereinigten Deutschland – vor allem als „Polizeiruf“-Kommissar Jens Hinrichs. Im Übrigen gilt er als Erfinder des Worts „Ostalgie“.

In den letzten Jahren fiel Steimle jedoch durch starke rechte Tendenzen auf, und zwar nicht nur seinem Sender. 2018 gab er der rechtsextremen Zeitung Junge Freiheit ein Interview, in dem er zahlreiche rechte Verschwörungstheorien unterbrachte – vom „besetzten Land“ Deutschland, vom „Atlantikbrücke-Mitglied Claus Kleber“, der der „Karl-Eduard von Schnitzler der BRD“ sei, „zusammen mit seiner Marionetta Slomka“. Der MDR bezeichnete diese Aussagen schon damals als „nicht akzeptabel“, bezog dich damit aber wohl vor allem auf die Unterstellung, der Rundfunk sei nicht unabhängig.

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Im Sommer dieses Jahres dann ließ Steimle sich in einem Shirt mit der Aufschrift „Kraft durch Freunde“ in Fraktur fotografieren. Da stellte sich der MDR noch halb hinter ihn, auf Anfrage des Tagesspiegel verwies der Sender darauf, dass Steimle Kabarettist und Satiriker sei.

Ein „linker Freigeist“?

Steimle verteidigte sich zuletzt in der Thüringer Allgemeinen. In einem Interview mit der Lokalzeitung im November sagt Steimle, auf die Äußerungen in der Vergangenheit angesprochen, er sei „ein Linker“, aber auch „ein freier Geist, der sich von niemandem vorschreiben lässt, wie er zu denken hat.“ Was den MDR angeht sei er „entsetzt und traurig, dass der eigene Sender sich in dieser Situation nicht schützend vor einen stellt.“ Es war am Ende wohl diese Aussage, die für den Rausschmiss ausschlaggebend war.

Die Art und Weise, wie der MDR auf Steimle reagiert, ist überraschend. Es scheint so, dass der Sender die Grenze nicht bei rechter oder rechtsextremer Provokation zieht, sondern bei der Loyalität. Schon das Statement des MDR zum JF-Interview 2018 liest sich so, als habe man sich vornehmlich an der Medienschelte gestört, nicht an den sonstigen Verschwörungstheorien.

Dann verteidigt der Sender Steimle für ein Shirt, das den Nationalsozialismus verharmlost, um ihn schließlich für einen kleinen Seitenhieb gegen den Arbeitgeber rauszuwerfen. Die Message ist fatal: Wer für den MDR arbeitet, muss nichts befürchten, solange sie oder er nur rechte Parolen bedient. Aber wer etwas gegen der Sender sagt, fliegt raus.

Eine Anfrage der taz um Stellungnahme an Steimles Agentur wurde bisher nicht beantwortet. Gegenüber dem Nachrichtenportal tag24.de sagte Steimle am Mittwoch, er habe vom MDR keine Gelegenheit bekommen, sich gegen die Vorwürfe zu wehren: „Ich wurde entfernt, das ist eindeutig Berufsverbot, Zensur ersten Grades.“

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12 Kommentare

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  • Uwe Steimle! Oh Je. In den neunzigern war er eigentlich ganz CooL, mit seinem Kollegen Tom Pauls. Manchmal schau ich MDR, wenn ich mal wieder in Sachsen bin. Danach dreht sich mein Kopf und ich singe die DDR Hymne :) Der MDR hat den größten Marktanteil! Jeden Tag kann man Sendungen sehen, die sich um die Vergangenheit drehen: Ostalgie! "Mein schönes Leben in der DDR", "Meine DDR" und so weiter. Menschen, die noch nie in den "Alten" Bundesländern waren, werden es dank MDR nicht wagen:) Es ist krass: der MDR lebt in der Vergangenheit und spaltet, so auch Uwe Steimle: einseitig, frustriert, unangenehm und mit der Unterzeichnung der sog. "Charta 2018" positioniert er sich ganz klar! Sorry Uwe als Zischang wars du lustig (oder ich noch sehr sehr klein) nun bist du nur noch frustig!

  • Der MDR ist wahnsinnig tolerant. Wer nicht tolerant ist, kommt da gar nicht erst rein.

  • Steimle war noch nie wirklich komisch. Hab lange geglaubt, der mimt nur ziemlich platt und pathetisch den ostdeutschen Stammtischzeterer, mit viel Dialekt, wenig Witz und noch weniger Tiefgang.

    Selbst die angeprangerte Forelleklau-Szene und die T-Shirt Aktion könnte man noch als provokante und wenig feinfühlige Satire durchgehen lassen. Einem Sonneborn oder Somuncu zum Beispiel würde man eine ähnliche Aktion sicherlich nicht simpel als "Verharmlosung des Nationalsozialismus"auslegen.

    Nur muss Satire zumindest irgendwo einen kritischen Ansatz erkennen lassen, ironisch mit dem Parodierten spielen und es so entlarven. Das finde ich bei Steimle nirgendwo. Seine Reaktionen auf Kritik, den Rauswurf und die gesamte Wortwahl dazu, lassen eigentlich nur einen Schluß zu.

    Steimle mimt nicht den dauerfrustrierten Stammtischjammerossi der sich sein krudes Weltbild aus alter Sowjetpropaganda, neurechtem Verschwörungsgeschwurbel und regionalidentitärem Pathos zusammengewurschtelt hat. Er ist es immer gewesen.

    Nur den Vorwurf, "Wer für den MDR arbeitet, muss nichts befürchten, solange sie oder er nur rechte Parolen bedient. Aber wer etwas gegen der Sender sagt, fliegt raus" halte ich für oberflächlich und konstruiert.

    Vielmehr glaube ich, dass der aus der Kritik erkenntliche, generelle Mangel an Selbstreflektion und die neuerlichen, schwer an AfD-Geplärre erinnernden Auslassungen zu Staatsfunk und angeblich nicht vorhandener Meinugsfreiheit schlicht der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen gebracht.

  • Steimle war nach meiner Wahrnehmung ein klassischer Ostalgiker. Dass ihm das seinen Job in den ÖR kosten würde, war zu erwarten.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    jedes land hat seine verdienten fernsehstars.



    dort ist auch ohne diesen hier meist schwerlich erfreuliches zu entdecken.

  • Ich denke das man dem MDR ja vieles vorwerfen kann aber eine Unterstützung von faschistoiden Gedankengut, aktiv oder passiv, letzteres durch beispielsweise wegsehen, ist doch eine gewagte Behauptung. Das das Loyalitätsthema anscheinend wichtig sein soll halte ich ebenfalls für übertrieben. Spekulation: Wahrscheinlich war es einfach die Summe der verschiedenen Fehlleistungen und Missverständisse und das der MDR möglichst schnell mit dem Ganzen abschließen wollte was zum Schluss das Ende der Geschäftsbeziehung zwischen Steimle der Produktionsfirma und dem Auftraggeber MDR führte.

    Was sind denn Ultra-Faschisten ?

    • @Waldo:

      Gebe Ihnen recht, was hier die taz schreibt ist schon arg konstruiert..

      Man kann den MDR höchstens vorhalten schneller reagieren zu müssen, aber auch das ist fragwürdig. In einer solchen Situation kann ein Sender nur die Arschkarte ziehen, egal wie er handelt.

  • Claus Kleber ist, das sei am Rande erwähnt, wirklich Mitglied der Atlantik-Brücke, aber davon abgesehen wurde es allerhöchste Zeit, dass dieser unwitzige Neo-Rechte nicht mehr über die ÖR seinen Mist verbreiten kann.



    Das miese T-Shirt ist auch schon bei Treffen von Ultra-Faschisten aufgetaucht.

    • @Dörte Dietz:

      Steimle hält der Gesellschaft nur den Spiegel vor. Wer Ferien in der deutschen Provinz macht, merkt das schnell. Sei es Migrationskritik, Sehnsucht nach der Vergangenheit (auch Westalgie), Homophobie etc. Wenn man sein Weltbild nur aus der TAZ bezieht, mag das verstörend wirken. Darum: Gebt Steimle eine Bühne im "Staatsfunk" und haltet es aus! Ein Hoch auf die politische Unkorrektheit!

    • @Dörte Dietz:

      Aha, da heiligt also das Mittel den Zweck. Unter Inkaufnahme der moralisch verwerflichen Kündigung ist es also legitim Journalisten zu entfernen, die den Zeitgeist nicht zu ihrer Überzeugung machen. "Mist" und "mies" ist Ansichtssache, der Staatsfunk aber nicht.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Der MDR ist ein schmieriger Staatsfunk. Da hat er Recht. Gestern bei den Kommunisten geschleimt und morgen?

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Können Sie ein -- es reicht wirklich ein einziges!! -- Beispiel nennen, wo ein neoliberaler Propagandasender sich beim erklärten Staatsfeind Nr. 1, den "Kommunisten", eingeschleimt hätte?