: Luxusschuppen im Silberpfeil
■ Die Zitatrocker von Dandruff Deluxe machen mit dem allerfeinsten Bad Taste die 70ies-Höllen wieder bewohnbar
Wie, das sind nur zwei Menschen? Was, die spielen Rock? Warum heißen die Luxus-Schuppen? Und dann springt diese Platte auch noch alle paar Minuten gnadenlos zwischen den Genres und fließt trotzdem organisch, wenn nicht gar psychedelisch. Die einzige Logik ist, daß Dandruff Deluxe aus „Out Of Nowhere USA“ stammt, denn sie docken definitiv an nichts an, was momentane musikalische Definitionen buchstabiert.
Das beginnt beim Rock, diesem Ungetüm von einer Klammer, in die sich ungebrochen außer Jon Spencer und Monster Magnet eigentlich kaum ein Mensch mit Aufbruchstimmung mehr begibt. Der erste Eindruck allerdings, daß Carl Blend und Howard Lespie mit ihrer Wah-Wah-Fusion in Sound und Struktur tief durch die 70ies-Hölle waten, muß nach kürzester Zeit deutlich revidiert werden. Wenn schon Abgrund, dann als ein ganz anderer, wohnlicher, wenn nicht gar reizvoller Ort. In diesem Lavalampen-Keller ist es heiß und cool zugleich, ausstaffiert mit dem allerfeinsten bad taste, gebrochen durch aufrichtiges Handwerk und vor der Tür ein Silberpfeil, der auch damals schon Oldie und Symbol von gutsituiertem Savoir Vivre gewesen sein dürfte. Schöne Bilder, denen sich von der musiksprachlichen Ebene dann das perverse Wort-Ungetüm Post-Retro-Rock zugesellt.
Wobei, können wir da vielleicht noch irgendwo ein Jazz einfügen? Und Soul? Funk? Bläser? Easy? Moody? Stop? Gnade? Gut, also breitwandiger Roadmovie-Schmock, halbinstrumentale Entrücktheit, die kauzig-staubige Konsequenz der Meat Puppets kombiniert mit einem eklektischen und progressiven Lounge-Verständnis. Trash (trotz Namen) und Noise (trotz Bandvorgeschichte) kommen in dieser Sprache nur als Humor und Potential vor.
Kein Zitat wird ohne dynamische und gekonnte Bearbeitung verwendet. Das liest sich nicht nur groß, das ist auch groß im Sinne von anders und gekonnt. Womit eigentlich alles geklärt wäre. Nur wie sie das zu zweit machen, bleibt ein Rätsel.
Holger in't Veld
Fr, 12. Februar, 22 Uhr, Molotow
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