Lungenkrankheit in China: Immer mehr Infizierte
China hat ganze Städte abgeriegelt, um das Coronavirus zu stoppen, doch der Erreger breitet sich weiter aus. Die Regierung der Metropole Wuhan steht in der Kritik.
Zuletzt war von knapp 1.400 Infizierten die Rede gewesen. Weltweit kommen nach bisherigen Informationen rund 30 bestätigte Fälle hinzu – darunter drei Patienten in Frankreich, wobei es sich um die ersten bekanntgewordenen Infizierten in Europa handelt.
Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping berief am Samstag in Peking ein Krisentreffen ein. Alle Ebenen von Partei und Regierung müssten dem Kampf gegen das Coronavirus höchste Priorität einräumen, sagte er laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Die Partei habe eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um das weitere Vorgehen zu koordinieren. Teams würden in die Provinz Hubei entsandt, um die Arbeit vor Ort zu steuern.
Die Provinzhauptstadt von Hubei, die Millionenmetropole Wuhan, ist besonders stark vom Coronavirus betroffen: Dort war der Erreger vor wenigen Wochen auf Menschen übergesprungen – vermutlich auf einem Tiermarkt.
Überforderte Krankenhäuser
Aus diesem Grund hat die Regierung den Handel mit Wildtieren mittlerweile verboten. Das Züchten sowie Transport und Handel seien bis zum Ende der nationalen Epidemie „streng verboten“, teilte unter anderem das Landwirtschaftsministerium am Sonntag mit. Die Verbraucher müssten sich der Gesundheitsrisiken des Verzehrs von Wildtieren bewusst sein und „sich gesund ernähren“, hieß es in der Mitteilung weiter.
Wie Staatsmedien am Sonntag berichteten, sollen in den 24 allgemeinen Krankenhäusern in Wuhan nun zusätzliche Betten für Patienten bereitstellen. Die Stadt hatte zuvor bereits im Eiltempo mit dem Bau von zwei neuen Krankenhäusern begonnen, die insgesamt eine Kapazität von 2.300 Betten haben sollen. Das erste Hospital in Schnellbauweise soll am Montag in einer Woche erste Patienten aufnehmen, das zweite zwei Tage später.
Die bestehenden Krankenhäuser der Stadt sind offenbar völlig überfordert. Nach offiziell unbestätigten Berichten werden Patienten zurückgewiesen, weil es nicht genug Personal und Betten gibt.
Aus anderen Teilen Chinas wurden mehr als 1.680 Ärzte und Pfleger nach Wuhan entsandt. Außerdem wurden 14.000 Schutzanzüge bereitgestellt. Der öffentliche Nah- und Fernverkehr wurde gesperrt, Zug- und Flugverbindungen wurden gekappt, Ausfallstraßen gesperrt. Von Sonntag an wird auch der gewöhnliche Autoverkehr in den großen Stadtbezirken Wuhans gestoppt. Zudem kündigten Universitäten der Stadt an, den Beginn des neuen Semesters zu verschieben.
Kritik sogar von der staatlichen Presse
Inzwischen wurden mehr als 40 Millionen Menschen in gut einem Dutzend Städte im Herzen Chinas weitgehend von der Außenwelt abgeschottet, um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern.
Wie das Staatsfernsehen berichtete, verkündeten am Sonntag weitere Regionen Einschränkungen des Verkehrs. Demnach stellt die ostchinesische Provinz Shandong ihren Busverkehr mit anderen Städten und Provinzen ein. Gleiches gilt für die zentralchinesische Metropole Xi'an. Bereits am Samstag hatte auch die Hauptstadt Peking ähnliche Beschränkungen verhängt.
Nach dem Ausbruch der Lungenkrankheit übte Hu Xijin, Chefredakteur der staatlichen Zeitung Global Times, überraschend deutliche Kritik. „Dieser Ausbruch hätte in einem Land wie China nicht passieren dürfen, das über fortschrittliche medizinische Standards und soziale Organisationsfähigkeiten verfügt“, schrieb der Chef der sonst regierungstreuen Tageszeitung am Samstag im chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo.
„Ich persönlich glaube, dass die Stadt Wuhan und die nationalen Gesundheitsbehörden verantwortlich gemacht werden sollten.“ Die Kontrollfunktion der Medien sei in den vergangenen Jahren durch Behörden auf allen Ebenen immer weiter geschwächt worden, was Journalisten daran gehindert habe, den Virusausbruch weiterzuverfolgen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei VW
Massiver Gewinneinbruch bei Volkswagen
VW-Vorstand droht mit Werksschließungen
Musterknabe der Unsozialen Marktwirtschaft
Verfassungsgericht entscheidet
Kein persönlicher Anspruch auf höheres Bafög
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Zu viel Methan in der Atmosphäre
Rätsel um gefährliches Klimagas gelöst
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott