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Lufthansa muss mit Flugausfällen rechnenPiloten kündigen neue Streiks an

Cockpit erklärt die Verhandlungen über die Übergangsrente für gescheitert. Der Ausstand könnte kurzfristiger bekanntgegeben werden als bei der April-Streikwelle.

Am Boden sieht so ein Lufthansa-Geschwader auch ganz elegant aus. Nur ökonomisch macht es dann nichts her. Bild: ap

FRANKFURT/MAIN dpa | Zum Ende der Sommerferien drohen an den deutschen Flughäfen wegen Pilotenstreiks bei der Lufthansa erneut massenweise Flugausfälle. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit kündigte einen Ausstand an, mit dessen Beginn „ab sofort“ gerechnet werden müsse. Unklar ist aber bislang, wann die Flugkapitäne das erste Mal ernst machen werden. Hintergrund der Streiks ist ein Streit über die Übergangsrente für die Piloten. Deshalb hatte es bereits im April massive Flugausfälle gegeben.

Nach den gescheiterten Verhandlungen um mehr Gehalt und Übergangsrenten legte sich die Piloten-Gewerkschaft bei ihrem Zeitplan zunächst nicht fest. Während die Piloten den Druck auf die Lufthansa erhöhen, ruft Europas größte Airline die Vereinigung Cockpit (VC) zurück an den Verhandlungstisch.

Cockpit hatte die Verhandlungen am späten Freitagabend für gescheitert erklärt und den Ausstand angekündigt. Die drohenden neuen Ausstände könnten nach VC-Angaben kurzfristiger bekanntgegeben werden als bei der massiven Streikwelle im April. „Damals haben wir den Streik 72 Stunden vorab angekündigt“, sagte Cockpit-Vorstandsmitglied Markus Wahl am Samstag. „Jetzt ist es auch denkbar, dass wir diese Vorlauffrist ein wenig kürzer halten“. Es werde aber kein Passagier erst am Flughafen erfahren, dass sein Flug ausfalle.

Im Tarifkonflikt geht es um höhere Gehälter und die Übergangsrenten für die 5400 Piloten bei Lufthansa, Germanwings und Lufthansa Cargo. Im Schnitt gehen die Lufthansa-Kapitäne derzeit mit knapp 59 Jahren in den vom Unternehmen bezahlten Vorruhestand. Lufthansa will das Eintrittsalter wegen der hohen Kosten und der auf 65 Jahre hochgesetzten Altersgrenze für Verkehrspiloten merklich erhöhen. Die Vereinigung Cockpit verlangt zudem Verdienststeigerungen um zehn Prozent.

Im Notfall auch Manager mit Pilotenschein

Im April hatte der schärfste Streik in der Lufthansa-Geschichte zu rund 3800 Flugausfällen geführt, betroffen waren an den drei Tagen 425.000 Fluggäste. Nach den Streiks hatten beide Seiten die Verhandlungen wieder aufgenommen – hinter verschlossenen Türen und mit Hilfe eines Moderators. Doch die Lufthansa habe ihre „weitreichenden Forderungen“ aufrechterhalten, die nicht akzeptable Einschnitte in die Versorgung der Piloten bedeuten würden, erklärte Cockpit nun.

„Wir bedauern die Entscheidung der Vereinigung Cockpit sehr, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären und Arbeitskampfmaßnahmen anzukündigen“, kritisierte die Lufthansa. „Diese Entscheidung ist in keiner Art und Weise nachvollziehbar.“ Die Airline wolle die Gespräche fortsetzen, allerdings müsse die Gewerkschaft mit konkreten Vorschlägen an den Verhandlungstisch zurückkehren. „Wir wissen nicht genau, was die Gewerkschaft für Vorstellungen hat. Das gilt vor allem für die Übergangsversorgung“, sagte Lufthansa-Kommunikationschefin Barbara Schädler am Samstag. „Cockpit hat sich bislang nicht konkret dazu geäußert.“

Nach Angaben Schädlers will die Lufthansa im Notfall einen Teil ihres üblichen Angebots erneut mit freiwilligen Piloten und Managern mit Pilotenschein stemmen. Im April hatte die Airline nach eigenen Angaben mit rund 190 freiwilligen Piloten inklusive rund 100 Managern mit Pilotenschein rund 10 Prozent des üblichen Angebots aufrecht gehalten. Außerdem hatte die Bahn Sonderzüge eingesetzt. Der Konzern hatte den wirtschaftlichen Schaden durch den Streik damals auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag beziffert. Auch die Flughäfen München und Frankfurt sprachen von Einbußen in Millionenhöhe.

Die Streik-Ankündigung trifft die Lufthansa in einer schwierigen Zeit. Die größte deutsche Fluggesellschaft steht angesichts einer harten Konkurrenz und eines nahezu weltweiten Preiskampfes unter Kostendruck.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr, erst seit Mai im Amt, hatte im Juli ein ausgeweitetes Billigkonzept angekündigt. Damit soll Europas größter Luftverkehrskonzern wieder höhere Gewinne machen. Daneben soll die Qualität der Muttermarke sowie die Marktstellung der erfolgreichen Tochtergesellschaften etwa für Catering, IT und Flugzeugtechnik gestärkt werden.

Zuletzt war die Lufthansa mit schwachen Zahlen in das wichtige Sommerhalbjahr gestartet. Grund waren auch neben dem Preiskampf auch die Kosten für den Pilotenstreik im Frühjahr. Im zweiten Quartal sank das operative Ergebnis des Konzerns um 17 Prozent auf 359 Millionen Euro, wie die Lufthansa Ende Juli mitgeteilt hatte.

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2 Kommentare

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  • Ich verstehe nicht, warum alle Medien einen Teil der Wahrheit schlicht weglassen. Selbst die Taz scheint hier nicht selbst zu recherchieren, sondern den vorgewählten Wortlaut der Nachricht zu nehmen.

     

    Es geht der Lufthansa nicht darum in Zukunft Milliarden zu sparen. Der in den Medien sogenannte "Vorruhestand" kostet den Konzern zwar Geld, aber das gleiche Geld wird durch das ersetzen teurer Piloten durch günstige junge Piloten wieder gespart.

     

    Es geht dem Konzern lediglich darum, einmal an das ersparte Geld heranzukommen. Um genauer zu sein, es geht amerikanischen Aktionären darum, dass der Konzern dies tut, um Ihre Rendite aufzubessern. Danach werden diese Aktien verkauft und die dummen sind die Bediensteten.

  • Vor zwei Jahren: Forderung nach 10 Prozent mehr Lohn und Ruhestandsregelung ab 55 Jahre. Das Einstiegsgehalt liegt bei 78.000 Euro.

    Nur zur Info um den jetzigen Streik in der Relation zu sehen.