: Lufthansa mauert
Die Airline verweigert Bundestagspräsident Thierse die Herausgabe einer Liste mit den Flügen aller Abgeordneten
BERLIN taz ■ Der Brief war freundlich im Ton, aber klar in der Sache: „Die von Ihnen geforderte Auflistung der Abgeordneten, die innerhalb des Programms Miles & more Bonusflüge wahrgenommen haben“, so schreibt Lufthansa-Chef Jürgen Weber, „ist nach dem Datenschutzgesetz rechtswidrig.“ Man werde der „ultimativen Aufforderung“ von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), eine Liste mit den Daten aller Abgeordneter bis gestern 14 Uhr herauszugeben, deshalb nicht nachkommen.
Postwendend hatte Weber damit auf die mehr als deutliche Bitte Thierses reagiert, der scheibchenweisen und deutlich parteipolitisch orientierten Veröffentlichungspraxis der Bild-Zeitung ein Ende zu setzen und eine Liste mit den Namen aller Abgeordneten zu veröffentlichen, die dienstlich erworbene Meilen privat genutzt haben. „Wir würden das gern tun, dürfen es aber aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht“, sagte Lufthansa-Sprecherin Amelie Lorenz der taz. Nur wenn Thierse eine Einwilligungserklärung aller Abgeordneten vorlege, sei man dazu bereit. Gleichzeitig habe man Herrn Thierse und jedem Abgeordneten angeboten, eine Übersicht über den aktuellen Meilenstand zu übermitteln.
Der Grünen-Vorsitzende Fritz Kuhn bedauerte gestern, dass sich Lufthansa nicht bereit zeige, zur weiteren Aufklärung beizutragen. Durch die Quelle bei der Fluggesellschaft seien nicht nur die Datenschutzrechte einzelner Personen verletzt worden, sondern auch Sicherheitsaspekte außer Acht gelassen worden. „Wie kann es sein, dass die Daten von privaten Flügen von Ministern öffentlich bekannt werden“, fragte Kuhn und forderte eine „klare Aufklärung“ von der Lufthansa. Bild hatte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) bei einem privaten Flug zusammen mit seiner Lebensgefährtin abgepasst und fotografiert.
Unterdessen hat Thierse seinen 665 Abgeordnetenkollegen einen Brief geschrieben, in er dem sie unmissverständlich auffordert, sollten sie Dienstmeilen privat genutzt haben, den „entsprechenden Betrag dem Deutschen Bundestag zur Verfügung zu stellen“. Dafür wurde ein Sonderkonto eingerichtet, dessen Summe direkt an die Reisekostenstelle des Bundestages zurückfließen wird. Außerdem forderte Thierse in dem Brief eine Änderung der bisherigen Regelungen. Über seine Forderung, den Abgeordneten eine private und eine dienstliche Bonus-Karte zuzuteilen, zeigte sich die Lufthansa allerdings verwundert. „Das ist seit 1998 möglich“, so Sprecherin Lorenz, die Flüge würden zwar auf demselben Konto verbucht, erschienen aber getrennt auf der monatlichen Auswertung. Die Bundestagsverwaltung bestätigte dies, wies aber darauf hin, dass es „nicht allzu viele“ Abgeordnete seien, die diese Möglichkeit in Anspruch nähmen. SUSANNE AMANN
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