Lücken in der Grundversorgung: Wie eine rollende Tonne
Müllprobleme und Busse, die nicht fahren wie sie sollen. Die Kolumnistin ist ein klein wenig schadenfroh und hofft auf einen Aufstand.
M it Sicherheit kann ich das nicht sagen, aber möglicherweise kommt es in der Region Hannover bald zu einem Aufstand. Am Wochenende stand am Supermarkt meines Vertrauens schon wieder dieses Schild auf dem Info-Tresen: „Wir haben zurzeit leider keine gelben Säcke.“
Davor standen beige gekleidete Menschen fortgeschrittenen Alters und schäumten. Das zieht sich nämlich schon eine Weile hier, eigentlich seit Weihnachten, dass dauernd diese gelben Säcke aus sind. Und da hört der Spaß ja nun einmal wirklich auf, nicht nur für renitente Rentner.
Damit habe ich Erfahrung. Als ich noch in der Vorstadt lebte, habe ich es mir fast einmal mit wichtigen Teilen der Nachbarschaft verdorben, weil ich nicht begriff, dass man nicht einfach nach irgendeiner Mülltonne greifen darf.
Da gab es Menschen, die ihre Tonnen mit Namen und Anschrift versahen, weil sie von der panischen Angst besessen waren, am Ende die falsche Tonne vom Sammelplatz an der Straße die eigene Einfahrt heraufzurollen. Ich hätte gern gewusst, was Freud dazu sagt.
Dort wo ich jetzt wohne, habe ich eher das umgekehrte Problem: Hier kämpft man mit überquellenden Containern, mangelhafter Mülltrennung und rattenverseuchten Müllplätzen. Und nun bin ich die Spießerin, die leise vor sich hin zeternd über fremden Sperrmüll steigt und wahrscheinlich machen sich die Migras aus der Nachbarschaft heimlich lustig über mich.
Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte: Das Gelbe-Säcke-Problem hat natürlich aufs Herrlichste mit diesem galoppierenden Ausschreibungsschwachsinn zu tun. Die Firma, die hier die Ausschreibung gewonnen hat, RMG aus Etville am Rhein, liefert nicht genug leere Säcke, holt zum Ausgleich aber auch nicht alle vollen Säcke ab.
Für Kunden und Kommune ist nie etwas billiger geworden
Zurück bleiben, neben verschmutzten Straßen, hilflose Lokalpolitiker, die die geballte Wut ihrer Wähler gern weitergeben würden, aber mit ihren Anrufen immer in der Warteschleife landen und gleichzeitig feststellen müssen, dass sie aus den verdammten Verträgen so ohne Weiteres nicht rauskommen.
Das erinnert mich an eine ähnliche Episode, die ich erlebt habe, als anderswo der Nahverkehrsbetreiber wechselte. Auch da gewann ein ortsfremdes Unternehmen und der bei der Ausschreibung unterlegene Vorgänger hatte natürlich überhaupt kein Interesse daran, irgendwelche Informationen zu den Linien, Fahrplänen oder der Auslastung zu teilen.
Mit dem Erfolg, dass wochenlang fluchende Senioren und weinende Schulkinder an Haltestellen herumstanden, die unzureichend bedient wurden. Dafür freuten sich die Busfahrer und die Lokalzeitung, für die ich damals arbeitete.
Die Busfahrer freuten sich vor allem über Lohnerhöhungen, weil sie beim Gehaltspoker nun zwei Unternehmen gegeneinander ausspielen konnten. Und die Lokalzeitung, weil man mit den politischen Schuldzuweisungen und Leserbriefen tagelang die Seiten füllen konnte.
Für Kunden und Kommune ist dadurch nie irgendwas billiger geworden, soweit ich weiß, auch wenn die Wettbewerbs- und Privatisierungsprediger von FDP und CDU nicht müde wurden, das zu behaupten.
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