Londoner City Maut: Porsche siegt gegen London
Von 8 auf 25 Pfund wollte die britische Hauptstadt die Staugebühr für besonders klimaschädliche Autos erhöhen. Wie der deutsche Autohersteller Porsche die Idee kippte.
DUBLIN taz Porsche hat gewonnen. Die Fahrer der Kohlendioxidschleudern des Unternehmens müssen keine erhöhte Staugebühr zahlen, wenn sie in die Londoner Innenstadt wollen. Bürgermeister Boris Johnson hat beschlossen, der Klage der Autofirma kampflos stattzugeben. Dafür muss die Stadt Porsches Rechtskosten in Höhe von 400.000 Pfund begleichen. Das Unternehmen will das Geld der Wohltätigkeitsorganisation Skidz geben, die straffällig gewordene Jugendliche in Kfz-Mechanik ausbildet.
Das sei sehr großzügig, sagte Johnson, und er freue sich darüber. Jenny Jones, Stadträtin der Grünen, freut sich dagegen nicht. "Dieser Bürgermeister hat uns erklärt, dass er über jeden Penny, den er ausgibt, Rechenschaft ablegen will. Und nun zahlt er einem der reichsten Unternehmen der Welt Hunderttausende aus dem Steuertopf." Johnsons Sprecher sagte, der Bürgermeister habe keine andere Wahl, nachdem er beschlossen hatte, einen Rechtsstreit zu vermeiden. Es sei der "kosteneffektivste Weg" gewesen.
"Wir waren uns immer sicher, dass wir am Ende gewinnen werden", sagte Andy Goss, der Geschäftsführer der britischen Porsche-Niederlassung. "Porsche ist stolz darauf, die entscheidende Rolle bei der Verhinderung dieser gegen alle Autofahrer gerichteten, politisch motivierten Abgabe gespielt zu haben."
In Wirklichkeit hätte die Erhöhung der Staugebühr von 8 auf 25 Pfund lediglich 30.000 der umweltschädlichsten Fahrzeuge betroffen - neben Sportwagen vor allem Jeeps mit Allradantrieb. Autos mit geringem Benzinverbrauch dürfen hingegen kostenlos in die City fahren. Johnsons Vorgänger Ken Livingstone wollte die Änderungen ab Oktober einführen. Doch dann verlor er am 1. Mai die Wahl gegen Johnson. Der hatte bereits im Wahlkampf versprochen, die Maut nicht zu erhöhen.
Außerdem will er die Ausdehnung der Mautzone nach Westen wieder rückgängig machen, falls sie "von der Mehrheit der Westlondoner abgelehnt" werde. Dazu soll ab September eine Befragung stattfinden. "Ich will erreichen, dass die Menschen mehr Fahrrad fahren oder laufen", sagte Johnson, "und zwar nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in den Außenbezirken." Mautgebühren seien nicht die Lösung.
Die Statistik besagt allerdings etwas anderes. Livingstone hatte die Staugebühr im Februar 2003 eingeführt, um die britische Hauptstadt vor dem Verkehrsinfarkt zu bewahren. Seitdem sind der Verkehr in der Londoner City um 30 Prozent und die Fahrzeiten um 14 Prozent zurückgegangen. Livingstones Labour-Parteikollege Paul Flynn bezeichnete Johnson als "Blödmann mit Hang zu umweltfeindlichen Exzessen". RALF SOTSCHECK
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