Lohnstreit beim WDR: „Maulkorb“ in Köln
Wer am Dienstag das „Morgenmagazin“ sehen wollte, bekam zeitweise eine Wiederholung gezeigt. Denn: Im WDR streikten mehrere hundert Mitarbeiter.
„Wenn wir uns in den Programmen zu dem Thema äußern, dann nur auf Ansage von programmverantwortlichen Redakteur*innen. In der Vergangenheit gab es bei dieser Thematik gelegentlich Missverständnisse, deshalb weise ich noch einmal ausdrücklich darauf hin“, soll darin gestanden haben. Für Verdi kommt dies einem „Maulkorberlass“ gleich, und der richte sich gegen die Rundfunkfreiheit, die das Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt habe. Eine Pressesprecherin des WDR relativierte die Äußerungen des Wellenchefs gegenüber der taz, er habe eine Berichterstattung nicht prinzipiell ausgeschlossen.
Vom Timing her jedenfalls kam die Mail zum passenden Zeitpunkt. Denn just am Dienstag hatte die Gewerkschaft alle WDR-Beschäftigten von 6 Uhr bis 24 Uhr zum Streik aufgerufen. Und das konnte jede*r sehen, der oder die am Morgen den Fernseher einschaltete. Das „Morgenmagazin“, das sonst an jedem Morgen live läuft, lief teilweise in einer Wiederholungsschleife. „Dies ist eine Aufzeichnung der Stunde zwischen 6 und 7 Uhr“, stand im Bild, und Moderator Sven Lorig erklärte um kurz vor 8: „Die letzte Stunde mussten wir wiederholen, weil im Westdeutschen Rundfunk gestreikt wird.“
Gewerkschaftsmitglieder waren in dieser Zeit mit Warnwesten und Flaggen ins Kölner Studio marschiert. Um 10 Uhr versammelten sich nach Angaben des Deutschen Journalisten-Verbands dann rund 300 WDR-Mitarbeiter auf dem Kölner Appellhofplatz. Später war auch die Sendung „WDR aktuell“ vom Streik betroffen.
Bisher zwei Verhandlungsrunden
Der Grund: Nach zwei Verhandlungsrunden mit den Arbeitgebervertretern hätte sich der WDR nicht nur den Ansprüchen der Gewerkschaft verschlossen, sondern obendrein auch noch Gegenforderungen gestellt. „Wir wünschen uns unter anderem eine Erhöhung der Honorare und Gehälter um effektiv 6 Prozent“, erklärte der Verdi-Vorsitzende im WDR, Jacobs.
„Das ist wichtig, weil bisher immer nur die Mindesthonorare erhöht wurden und nicht die effektiv gezahlten Honorare, da gibt es ziemliche Unterschiede, sodass manche Kollegen erheblich schlechter gestellt sind.“ Auch Auszubildende sollen mehr Geld erhalten, Freie eine bessere Absicherung, etwa bei Krankheit oder in Härtefällen.
Bisher hat der Kölner Sender eine zweistufige Erhöhung von 1,7 beziehungsweise 1,9 Prozent angeboten. „Das reicht kaum, um die steigenden Lebenshaltungskosten auszugleichen“, kommentierte Verdi-Verhandlungsführerin Irmgard Galonska die Offerte, die sie auch als Ausdruck mangelnder Wertschätzung sieht. Parallel dazu möchte der WDR die Gehaltserhöhungen über Stufensteigerungen, die automatisch alle zwei Jahre stattfinden und sich vom System her am öffentlichen Dienst orientieren, laut Jacobs entkoppeln: „Da schwingt schon eine deutliche Undankbarkeit gegenüber den Arbeitnehmern mit.“
Der Gewerkschafter wundert sich über die Argumentation der Gegenseite: „Sie sagen, wir müssen sparen, aber andererseits halten sie sich bei den Bedarfsanmeldungen bei der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten zurück.“
WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau dagegen betonte: „Eine Tarifsteigerung entsprechend der Forderungen der Gewerkschaften hätte weiteren Personalabbau und Einschnitte im Programm zur Folge gehabt.“ Der WDR baue derzeit 500 Stellen ab und unternehme weitere Kostenreduktionen, um seine Finanzen unter Kontrolle zu halten.
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