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Lohnpolitik bei NettoGeldstrafe für Dumpinglöhne

Die Discounterkette muss 7,5 Millionen Euro zahlen, weil sie illegale Werkverträge abgeschlossen hatte. Über Jahre hinweg waren Lagerarbeiter falsch eingesetzt worden.

1991 standen die Leute noch Schlange, um bei Netto einzukaufen. Bild: ap

REGENSBURG afp | Wegen illegaler Werkverträge für Lagerarbeiter hat die Discounterkette Netto 7,5 Millionen Euro gezahlt. Bereits „vor wenigen Wochen“ hätten sich Ermittlungsbehörde und Unternehmen auf den Deal geeinigt, sagte ein Sprecher der Regensburger Staatsanwaltschaft am Mittwoch und bestätigte damit einen Bericht des Handelsblatts. Über zwei Jahre lang hatten sich die Ermittler zuvor mit den Verträgen bei Netto beschäftigt.

Wer einen Werkvertrag abschließt, ist dem Unternehmen, das ihm einen Auftrag erteilt, nur eine vereinbarte Leistung schuldig. Das Unternehmen muss dem betreffenden Arbeiter dafür keinen Tariflohn zahlen und auch keinen Mindestlohn, wie er etwa für Zeitarbeiter bereits gilt. Es darf über ihn aber auch nicht in gleichem Maße bestimmen oder Vorgaben machen, wie es das bei seinen Angestellten tut.

Bei Netto waren nach Auffassung der Ermittler über Jahre hinweg an 19 Standorten offiziell bei Subunternehmern beschäftigte Lagerarbeiter mit billigen Werkverträgen im Einsatz gewesen. Der Einschätzung der Staatsanwaltschaft zufolge waren sie dort aber eingesetzt worden wie Festangestellte.

Damit die Staatsanwaltschaft die Geschehnisse nicht weiter verfolgt, zahlte Netto demnach nun 4,4 Millionen Euro an die Staatskasse. Diese Summe habe das Unternehmen nach Schätzungen der Behörde gespart, weil es die illegale Werkverträge abgeschlossen habe, statt die höheren Tariflöhne zu zahlen.

Weitere 3,1 Millionen Euro musste Netto demnach zahlen, weil auch der Sozialversicherung ein Schaden entstanden sei. Netto wollte sich zu den Vorgängen am Mittwoch nicht äußern.

Schon 2012 begannen die Untersuchungen

Im Januar 2012 hatten Ermittler des Zolls wegen des Verdachts auf Sozialversicherungsbetrug mehr als 60 Lagerhallen, Büros und Häuser der Discounterketten Netto und Kaufland durchsucht.

Es bestehe der Verdacht, dass die beiden Unternehmen für den Einsatz von Leiharbeitern unwirksame Werkverträge geschlossen hätten und somit Tariflöhne „erheblich“ unterschritten worden seien, hatte das Hauptzollamt damals mitgeteilt.

Die Netto Marken-Discount AG und Co. KG mit Sitz im oberpfälzischen Maxhütte-Haidhof gehört zum Edeka-Verbund. Zuletzt hatte die Firma nach eigenen Angaben einen jährlichen Umsatz von 11,8 Milliarden Euro gemacht. Netto betreibt 4.150 Filialen und beschäftigt knapp 70.000 Mitarbeiter.

Die Kette mit dem gelb-roten Logo wird manchmal mit der Netto Supermarkt GmbH verwechselt, die ein gelb-schwarzes Logo hat. Beide Unternehmen haben aber nichts miteinander zu tun.

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3 Kommentare

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  • Interessant, dass das Zollamt hier aktiv geworden ist. Anderenorts haben sie diesen Ehrgeiz wohl nicht, jedenfalls kommt mir das so vor. Letztlich müssen die Gesetze von Gerd Schröder einfach geändert werden, denn es gibt genug legale Ausbeutertricks. Und ja, der Staat nimmt weniger an Steuern an - warum Parteien so was gutheißen, verstehe ich sowieso nicht.

  • Solche Praktiken dürfen nicht verwundern. Irgendwoher müssen die billigen Preise kommen: Schlecht bezahlte Mitarbeiter und eine aggressive Einkaufspolitik gegenüber den Lieferanten.

     

    Auf Dauer kann so etwas nicht gesund sein, nicht für die Mitarbeiter, noch für die Qualität der Lebensmittel. Und wer jetzt schreit, er könne sich nichts anderes leisten, der sei an den Selbstversuch der Journalistin Rozsika Farkas erinnert, vom Hart-IV-Satz für Lebensmittel konsequent Bio-Produkte zu kaufen. Ohne Discounter, denn die seien Quatsch: http://www.brehl-backt.de/bio-fuer-den-schmalen-geldbeutel/

  • Und was bekommen die bisher unter Wert Beschäftigten, zumindest die unterschlagenen Sozialpunkte?

     

    Interessiert das niemanden, nicht einmal mehr die TAZ?