Lobbyregister in Berlin: Einblicke in den Politikbetrieb
Mit einem Lobbyregister soll transparent werden, wer auf Gesetze Einfluss nimmt. Doch es gibt keine Sanktionen. Kann das funktionieren?
![Blick in das voll besetzte Berliner Abgeordnetenhaus Blick in das voll besetzte Berliner Abgeordnetenhaus](https://taz.de/picture/5386003/14/0888-1.jpeg)
Zu Beginn der neuen Legislaturperiode im Herbst 2021 ist das von Rot-Rot-Grün beschlossene Lobbyregister-Gesetz in Kraft getreten. Die Koalitionsfraktionen wollten damit mehr Transparenz schaffen, wer wie warum auf ein Gesetz Einfluss nimmt. „Wir haben uns gezielt auf die Gesetzgebung konzentriert“, sagt der frühere Linkspartei-Abgeordnete Michael Efler, einer der drei Väter des Gesetzes.
In dem Register müssen fortan sämtliche „schriftliche oder elektronische Äußerungen Beteiligter, insbesondere Gutachten und Stellungnahmen“ und deren Autor*innen vermerkt werden, mit denen Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess genommen werden soll – mit denen also zum Beispiel Lobbyisten oder auf Lobbyarbeit spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien an Abgeordnete, ihre Fraktionen oder ganze Ausschüsse herantreten. Das gilt explizit auch für Einflussnahme auf die Senatsverwaltungen – schließlich werden dort die meisten Gesetzentwürfe geschrieben – und ihr nachgeordnete Behörden. Ein Erfolg, wie Efler betont.
Überhaupt habe er ein „gutes Gefühl“, wenn er auf die Parlamentswebseite mit dem Lobbyregister schaue, sagt Efler, dem seine Partei bei der letzten Wahl im September 2021 einen aussichtsreichen Listenplatz versagt hatte. Es sei auch persönlich ein Erfolg, wenn ein politisches Projekt wie dieses nun umgesetzt wurde, obwohl es nie die ganz große Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Fraktionschefs bekommen habe.
Nicht per se verwerflich
Interessenvertretung manifestiere sich auf Landesebene, berichtet der einstige Abgeordnete aus seinen Erfahrungen. Efler betont, dass Lobbyismus nicht per se verwerflich sei – wichtig ist ihm jedoch, dass die Einflussnahme transparent gemacht wird. Bundesweit gehört das Land Berlin mit dem Gesetz in diesem Feld zur Spitze der Bundesländer: Weniger als die Hälfte der Länder hat laut der Initiative Abgeordnetenwatch überhaupt ein solches Register; bei manchen gelten weitreichende Ausnahmen.
Auch das Berliner Gesetz hat einige Schwachstellen. So sind keine Sanktionen vorgesehen, wenn jemand „vergisst“, eine Einflussnahme ans Parlament zu melden. Man habe bewusst auf Geld- oder andere Strafen verzichtet, sagt Efler. „Wir hoffen erst mal, dass sich Interessenvertreter freiwillig beteiligen.“
Auch die zuständige Abteilung der Verwaltung des Abgeordnetenhauses ist nicht in der Lage, die Eingänge auf Vollständigkeit zu kontrollieren. Falls „bekannt wird“, dass Informationen nicht zur Verfügung gestellt wurden, „werden diese Informationen nachgefordert“, teilt die Pressestelle des Abgeordnetenhauses mit. Und viel Personal gibt es bisher auch nicht: Eine Stelle werde dafür im kommenden Haushalt beantragt.
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