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Lo-Fi-Platte von Einmannband RickolusBittersüßes Alter

Rickolus erinnert auf dem Album „Bones“ an den jungen Bruce Springsteen. Die Songs bewegen sich zwischen Nostalgie und Zuversicht.

Der Musiker Rickolus Foto: privat

Wäre Bruce Springsteen etwas unbeschwerter und im Florida der 90er Jahre aufgewachsen statt in der hässlichen New-Jersey-Suburbia, hätte sein Debütalbum vielleicht auch so geklungen wie „Bones“ – das neue Album des US-Einmannprojekts Rickolus.

„Greetings from Jax Beach, Fla.“ lautet der bunte, selbstgemalte Schriftzug auf dem Frontcover. Und nicht nur dieser erinnert an Springsteens erstes Album „Greetings from Asbury Park, N. J.“ (veröffentlicht 1973). Schon der Gesang und die ersten Töne auf dem Klavier des Auftaktsongs „Beach Town“ lassen bei Rickolus auch musikalisch sofort an den jungen Boss denken.

Erst recht, als sein Lied Fahrt aufnimmt und ein Saxofon im Hintergrund einsetzt. Sein Gesang erinnnert manchmal auch an Billie Joe Armstrong (Green Day), wobei seine Eigenkompositionen weit weniger hitzig, sondern viel geordneter klingen.

Denn Rickolus, der eigentlich Rick Colado heißt, ist nicht mittendrin im Sturm und Drang seiner Jugend wie Springsteen damals, sondern blickt mit seinen 40 Jahren nun schon auf ebendiese Jugend zurück. „Es ist auch eine Hommage an eine Welt, die es nicht mehr gibt, und sie handelt von dem bittersüßen Dilemma, alt zu werden“, sagt der Musiker, der vor 20 Jahren die Garage-Pop-Band Julius Airwave gründete.

Das Album

Rickolus: „Greetings from Jax Beach, Fla.“ (Buback/Indigo). Live: 16. 6., Magdeburg, „Schlossparkbühne“; 17. 6., Jena, „Kassa­blanca“;18. 6., Kiel, „Freilichtbühne Krusenkoppel“ (jeweils mit Tocotronic); 19. 6., Hamburg, „Nachtasyl“ (solo); wird fortgesetzt.

Für ihn scheint das Dilemma hauptsächlich darin zu bestehen, melancholisch bis nostalgisch auf die 90er Jahre zu blicken. In den Songs schildert er selbstgemachte Tapes, wilde Fahrten mit dem Skateboard und Träume von den ersten Lieben.

Ups and Downs der Jugend

„Somewhere between up and down“, heißt es in „Beach Town“, sei seine Jugend verlaufen. Und durch diese Ups und Downs führt Rickolus die Hö­re­r:in­nen dann auch. Mal von der Akustikgitarre begleitet, mal von einem balladesken Klavier. Dann wieder ertönt ein astreiner Stratocaster-E-Gitarren-Sound und lässt es poppig und fast fröhlich klingen, in dem Song „Keep on Dancing“.

Die Rhythmusgitarre ist nie besonders kompliziert, Rickolus versteht sich auf eingängige Riffs und bleibt sowohl bei Gitarre als auch am Klavier locker und solide. In „Dirt Road“ bekommt man dann auch mal eine Mundharmonika zu hören, auf die man bei dieser Springsteen-inspirierten Platte so lange gewartet hat.

Es ist freilich nicht alles unbeschwert: In „Shivering“ geht es um Freunde, die der Künstler an die Sucht verloren hat. Im Großen und Ganzen wandeln seine Songs zwischen Nostalgie und Zuversicht hin und her, gehen ineinander über, wie die Ups und Downs der Jugend es eben auch tun. Rickolus weckt in „­Bones“ jugendliche Gefühle, doch an Evergreens des Genres, wie Don MacLeans Smashhit „American Pie“ kommt er dann doch nicht ganz ran.

Und dennoch, der Indiekünstler schafft eingängige Melodien zum Mitsingen, die in der Kneipe oder auch am Straßenrand sehr gut funktionieren. Um tief unter die Haut zu gehen, dafür reicht das dann doch eher nicht. Muss vielleicht auch nicht.

Das Album hat DIY-Charakter

„Dies ist der Song, den wir in unserem Schlafzimmer in den 90ern aufnahmen“, singt Rickolus im Song „4 Track Love Song“ und so klingt auch das gesamte Album, wie ein guter Lo-Fi Track, den man auf seinem Vierspurgerät selbst aufgenommen hat, der auch mal mit mitgeschnittenen Gelächter endet. Gekünstelt ist das Do-it-yourself-Paket aber nicht, denn Rickolus produziert alle seine Musik selbst und spielt auch den Großteil der Instrumente alleine ein. Nicht nur eine Hommage also an eine Welt, die es nicht mehr gibt, sondern der gelungene Versuch, diese Welt der selbstgemachten Tapes zu erhalten.

Tocotronic-Bassist Jan Müller hat Rickolus übrigens 2019 in der Berliner Bar „Donau 115“ für sich entdeckt. „Auf der winzigen Bühne erblickten wir Rickolus, der in einem skurrilen One-Man-Band-Setting Gitarre, Schlagzeug und Gesang gleichzeitig spielte“, erzählt er.

Sofort sei er hingerissen gewesen und habe ihm eine Platte abgekauft. Nun geht Rickolus auf Tournee, unter anderem begleitet er dabei für einige Konzerte Tocotronic. Auch das eine Band, die mit dem „bittersüßen Dilemma, alt zu werden“ zu kämpfen hat.

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