Livnis Träume geplatzt: Netanjahu soll Israels Regierung bilden

Israels Präsident Peres beauftragt den rechten Oppositionsführer Netanjahu mit der Regierungsbildung. Außenministerin Livni schließt eine Mitwirkung der Kadima aus.

Sein Comeback als Ministerpräsident steht wohl kurz bevor: Benjamin Netanjahu. Bild: dpa

JERUSALEM taz Zehn Jahre nachdem er infolge eines parlamentarischen Misstrauensvotums das Amt des israelischen Premierministers verlassen musste, wird Likud-Chef Benjamin Netanjahu jetzt wieder in sein altes Büro einziehen. Staatspräsident Schimon Peres betraute den konservativen Politiker mit der Regierungsbildung, obschon Netanjahu bei den Parlamentswahlen Mitte vergangener Woche mit einem Mandat knapp hinter Kadima-Chefin Zipi Livni lag.

"Die Repräsentanten von insgesamt 65 Abgeordneten - die Mehrheit der Knesset - gaben die Empfehlung für Benjamin Netanjahu ab", begründete Peres seine Entscheidung, den Likud-Chef mit der Regierungsbildung zu beauftragen. "Die meisten Fraktionen", so fügte Peres hinzu, "äußerten den Wunsch nach einer breiten Koalition". Netanjahu hat 42 Tage Zeit, eine Regierung zu bilden.

Noch bevor überhaupt die Koalitionsverhandlungen begonnen haben, entschied sich die amtierende Außenministerin Zipi Livni schon gegen ein Zusammengehen mit dem Likud. "Wie ich höre, sollen wir das Recht des Vetos bekommen", meinte sie abweisend. "Die Kadima ist nicht zur größten Fraktion gewählt worden, um ein Veto in der Koalition einzulegen, sondern um sie zu führen." Die sich abzeichnende Regierung "entbehrt jeder politischen Vision", argumentierte die scheidende Außenministerin, "es ist eine Koalition, die es mir nicht ermöglicht, den Weg der Kadima fortzusetzen". Kadima-Fraktionschef Joel Hasson sagte der Nachrichtenagentur Reuter, die Abgeordneten würden am Sonntag beraten. Er rechne aber auch damit, dass die Partei in die Opposition gehe. "Wir werden in keine Regierung gehen, die von Netanjahu geführt wird", sagte er.

Livnis und Netanjahus Wege scheiden sich vor allem im Friedensprozess. Seit knapp drei Jahren verhandelt Livni mit der palästinensischen Führung im Westjordanland und verfolgt dabei das Ziel der Zweistaatenlösung. Netanjahu hingegen lehnt die Gründung eines Staates Palästina ab.

Der Likud-Chef appellierte an seine Gegner, "die Politik beiseitezulegen, um Hand in Hand zu arbeiten". Zuallererst wolle er sowohl mit Livni beraten als auch mit Ehud Barak, dem Chef der Arbeitspartei, der mit nur 13 Mandaten die größte Wahlniederlage in der Geschichte seiner Partei hinnehmen musste. Barak hatte noch in der Wahlnacht angekündigt, in die Opposition zu gehen, und auch Livni scheint fest entschlossen dazu zu sein.

"Ich weiß, dass wir in bestimmten Bereichen unterschiedlich denken", betont Benjamin Netanjahu vorerst noch. "Ich bin sicher, dass wir angesichts der großen Herausforderungen, vor denen unser Land steht, einen gemeinsamen Weg, eine gemeinsame Linie finden können." Ohne die beiden von ihm favorisierten Partner Kadima und Arbeitspartei wird es auch für Netanjahu nicht so leicht sein, eine regierungsfähige Mehrheit zu rekrutieren. Avigdor Lieberman von der ultranationalen Israel Beitenu hatte zwar Netanjahu als Regierungschef empfohlen, allerdings unter der Prämisse, dass es eine große Koalition geben wird. Lieberman ist sich seines Wertes bewusst und wird sich teuer von Netanjahu bezahlen lassen. Laut der Zeitung Haaretz soll er das Justiz- und das Außenministerium gefordert haben sowie das Ministerium für innere Sicherheit.

Von Floskeln wie "Sicherheit für unser Volk" und "Frieden mit unseren Nachbarn" abgesehen, sprach Netanjahu unmittelbar nach dem Treffen mit Peres die Themen an, die zentral auf seiner Agenda stehen. Dabei geht es um die "iranische Atomwaffenentwicklung, die die größte Bedrohung seit dem Unabhängigkeitskrieg Israels darstellt". Die langen "Arme des Iran umarmen uns im Norden und im Süden", setzte Netanjahu in Anspielung an die aus Teheran finanzierte schiitische Hisbollah im Libanon sowie die Hamas im Gazastreifen hinzu. Die zweite große Herausforderung sei die aktuelle Wirtschaftskrise. "Hunderttausende Israelis laufen Gefahr, ihre Arbeitsplätze zu verlieren."

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