Linkspartei will EU-freundlicher werden: Die Linke streicht drei böse Worte

Der Vorstand schwächt EU-Kritik im Wahlprogramm ab. Nun will die Partei vielleicht sogar etwas Positives über die EU sagen. Gysi und andere legen vor.

Klaus Lederer, Gregor Gysi und Gabi Zimmer laufen zusammen auf ein Gebäude zu

„Wir sind Europäerinnen und Europäer“: Prominente Linke Gregor Gysi, Gabi Zimmer, Klaus Lederer Foto: dpa

Berlin taz | Die Linke will sich im Europawahlkampf EU-freundlicher positionieren. Das hat der Parteivorstand beschlossen, der sich am Wochenende über den Entwurf des Wahlprogramms und Hunderte Änderungsanträge beugte. Nach Informationen der taz wurde die Passage, die die Grundlagen der EU als „militaristisch, neoliberal und undemokratisch“ geißelt, aus dem Programmentwurf gestrichen. Ersetzt wurde sie durch eine weichere Formulierung, die der Vorstand fast einstimmig, mit 25 Jastimmen bei zwei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen, billigte.

Die Partei trifft sich am Wochenende in Bonn zu ihrem Europaparteitag, um sowohl das Wahlprogramm als auch die KandidatInnenliste zu beschließen. In der Vergangenheit konnte sich die Linke nie so recht entscheiden, ob sie die EU nun als neoliberales Herrschaftsinstrument abschaffen will oder aber – bei aller Kritik – begrüßt.

Das spiegelt sich auch in den Anträgen zum Parteitag wider. Während es etwa bei der Antikapitalistischen Linken heißt: „Diese EU ist nicht zu reformieren“, kommen aus dem Reformerflügel zahlreiche Vorschläge, die eine verstärkte europäische Integration fordern.

So macht sich das Forum Demokratischer Sozialismus, fds, für eine „Republik der Europäischen Regionen stark“. Die Reformerströmung und ihr prominentestes Mitglied, Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch, wollen eine EU mit einheitlichen Sozialstandards, gemeinsamen Steuern und Abgaben. Man wolle eine positive Vision von Europa formulieren, die sich von dem „Ja zu Europa, Nein zu Europa“ im Leitantrag absetze, heißt es zur Begründung.

Mal was Positives sagen

„Wir müssen die Frage klären, was bekommen die Leute, wenn sie uns ihre Stimme geben“, sagt die Sprecherin des fds, Luise Neuhaus-Wartenberg zur taz. Aus Sicht der sächsischen Politikerin ist die Antwort klar: „Wir müssen mehr Europa wagen“. Auch angesichts der massiven EU-Kritik von Rechts wäre es falsch, wenn ihre Partei vor allem als EU-Kritikerin daherkomme. „Unsere Wähler haben ganz klar eine pro-europäische Erwartungshaltung.“

Laut ARD-Deutschlandtrend vom Februar sind Linken-Anhänger sogar EU-affiner als Anhänger von SPD oder Union. So befürworten fast drei Viertel eine vertiefte Zusammenarbeit der EU-Staaten, nur bei den Grünen ist die Zustimmung noch größer.

Vor dem Parteitag brachten sich am Montag auch prominente Linken-PolitikerInnen in Stellung. Gregor Gysi, Gabi Zimmer, der Berliner Kultursenator Klaus Lederer sowie der Brandenburger Justizminister Stefan Ludwig wandten sich mit einem Bekenntnis „Wir sind Europäerinnen und Europäer“ an die Öffentlichkeit.

In dem achtseitigen Papier beziehen sich die Politiker, zu denen auch der Thüringer Staatssekretär Benjamin Hoff gehört, ebenfalls positiv auf die Republik Europa, als „Vision und Ziel unseres Handelns“. Die Linke stehe ja meist für negative Botschaften, meinte Gysi. „Wir müssen lernen, auch positive zu formulieren.“

Liebich sieht gute Chancen

Zimmer, Fraktionsvorsitzende der Europäischen Linken im EU-Parlament, sieht es als entscheidend an, „dass wir als Linke eine Diskussion führen, welches Europa wir wollen“. Die Linke stehe da noch am Anfang.

Für den Bonner Parteitag ist eine Aussprache über den Antrag „Republik Europa“ vorgesehen. Ein ähnlicher Antrag stand bereits vor zwei Jahren auf der Tagesordnung. Eine Mehrheit der Delegierten lehnte ihn damals ab.

Außenexperte Stefan Liebich, der den Antrag als fds-Mitglied damals und heute unterstützt, glaubt, dass die Chancen diesmal besser stehen. Ein Erfolg wäre es aber schon, wenn die schwammige Formulierung „Neustart“ sowie die „drei bösen Worte ‚militaristisch, neoliberal und undemokratisch‘ verschwinden“.

Insofern können die Reformer vor dem Parteitag schon einen kleinen Erfolg verbuchen.

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