Linken-Vorstoß kostenloses Schülerticket: Busfahren auch ohne Armen-Ausweis
Die Forderung der Linken nach einem kostenlosen Schülerticket ist richtig – weil Bildungschancen auch eine Frage der selbstbestimmten Mobilität sind.

D as Recht auf Mobilität mag kein in unserer Verfassung gemeißeltes Grundrecht sein. Das Recht auf Bildung, oder größer gesprochen: auf Chancengleichheit, ist es allerdings sehr wohl. Und weil es einen Zusammenhang gibt zwischen diesem Menschenrecht und der Frage, wie ich selbstbestimmt von A nach B komme, ist der Beschluss der Berliner Linken für ein kostenloses Schülerticket im öffentlichen Nahverkehr ein sehr richtiges Anliegen.
Eine Nummer kleiner ausgedrückt, geht es beim kostenlosen Schülerticket ja ganz konkret um die nachmittägliche Fahrt zum Sportverein, zum Jugendtreff, zur Nachhilfe. Bildung findet nicht nur zwischen morgens und mittags in der Schule statt. Gut, kann man einwenden, viele Jugendliche bewegen sich ohnehin in ihrem Kiez, da kommt man auch zu Fuß weiter. Und wenn nicht, dann würden wohl die wenigsten Eltern das Geld für die Fahrkarte verweigern. Allein, diese Möglichkeit ist da.
Genau aber darum geht es beim kostenfreien Schülerticket: um Möglichkeiten, die sich alle Jugendlichen notfalls auch selbst eröffnen können sollten, ohne auf die Eltern oder andere Autoritäten angewiesen zu sein. Weshalb es auch nicht reicht, dass Schülerticket ab dem kommenden Schuljahr für diejenigen kostenlos zu machen, die von Sozialleistungen abhängig sind, wie es der rot-rot-grüne Senat bereits beschlossen hat.
Mal davon abgesehen ist das kostenlose Ticket für solche Kinder natürlich ein guter erster Schritt – aber eben nicht genug, zumal es auch eine Form der Stigmatisierung ist, wenn sie dem Busfahrer ihren Berlin-Pass, quasi als Armen-Ausweis, unter die Nase halten müssen. Die bereits von Rot-Rot-Grün beschlossene Lehrmittelfreiheit für GrundschülerInnen – kostenlose Schulbücher, auch ohne peinliches Vorlegen des Berlin-Passes beim Klassenlehrer – verdient eine Entsprechung beim Schülerticket.
So viel sollte sich eine linke Regierung, zumal angesichts voller Landeskassen, leisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Die Grünen und die Schuldenbremse
Im Nein steckt eine Chance
CDU-Anfragen zu NGOs
Neue Offensive gegen die Zivilgesellschaft
Ukraine-Gespräche in Saudi-Arabien
Was Selenskyj noch bleibt
Geplante Grundgesetz-Änderungen
Linke stellt Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht
Kursrutsch in den USA
Nicht mehr so kreditwürdig
Sondierungen von Union und SPD
Die Grünen pokern hoch – und das ist richtig so