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Linken-Vorstoß kostenloses SchülerticketBusfahren auch ohne Armen-Ausweis

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Die Forderung der Linken nach einem kostenlosen Schülerticket ist richtig – weil Bildungschancen auch eine Frage der selbstbestimmten Mobilität sind.

Besser ohne: Die Linke will, dass alle SchülerInnen künftig fahrscheinlos unterwegs sein dürfen Foto: Fredrik von Erichsen/dpa/picture alliance

D as Recht auf Mobilität mag kein in unserer Verfassung gemeißeltes Grundrecht sein. Das Recht auf Bildung, oder größer gesprochen: auf Chancengleichheit, ist es allerdings sehr wohl. Und weil es einen Zusammenhang gibt zwischen diesem Menschenrecht und der Frage, wie ich selbstbestimmt von A nach B komme, ist der Beschluss der Berliner Linken für ein kostenloses Schülerticket im öffentlichen Nahverkehr ein sehr richtiges Anliegen.

Eine Nummer kleiner ausgedrückt, geht es beim kostenlosen Schülerticket ja ganz konkret um die nachmittägliche Fahrt zum Sportverein, zum Jugendtreff, zur Nachhilfe. Bildung findet nicht nur zwischen morgens und mittags in der Schule statt. Gut, kann man einwenden, viele Jugendliche bewegen sich ohnehin in ihrem Kiez, da kommt man auch zu Fuß weiter. Und wenn nicht, dann würden wohl die wenigsten Eltern das Geld für die Fahrkarte verweigern. Allein, diese Möglichkeit ist da.

Genau aber darum geht es beim kostenfreien Schülerticket: um Möglichkeiten, die sich alle Jugendlichen notfalls auch selbst eröffnen können sollten, ohne auf die Eltern oder andere Autoritäten angewiesen zu sein. Weshalb es auch nicht reicht, dass Schülerticket ab dem kommenden Schuljahr für diejenigen kostenlos zu machen, die von Sozialleistungen abhängig sind, wie es der rot-rot-grüne Senat bereits beschlossen hat.

Mal davon abgesehen ist das kostenlose Ticket für solche Kinder natürlich ein guter erster Schritt – aber eben nicht genug, zumal es auch eine Form der Stigmatisierung ist, wenn sie dem Busfahrer ihren Berlin-Pass, quasi als Armen-Ausweis, unter die Nase halten müssen. Die bereits von Rot-Rot-Grün beschlossene Lehrmittelfreiheit für GrundschülerInnen – kostenlose Schulbücher, auch ohne peinliches Vorlegen des Berlin-Passes beim Klassenlehrer – verdient eine Entsprechung beim Schülerticket.

So viel sollte sich eine linke Regierung, zumal angesichts voller Landeskassen, leisten.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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1 Kommentar

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  • Teilhabe in einer Großstadt wie Berlin ist untrennbar von Fragen der Mobilität. Die Forderung nach einem stark subventionierten oder kostenlosen Schülerticket finde ich richtig. Von der geplanten Lehrmittelfreiheit höre ich das erste Mal, da bin ich gespannt als Vater eines schulpflichtigen Kindes. Ein Einblick in die Höhe der Ticketeinnahmen für ermäßigte Tickets (BVG, S-Bahn) würde die Debatte erfrischen. Ich begrüße die klare Position der Redakteurin.