Linke versus Linke: Showdown in der Schmeling-Halle
Beim Bundesparteitag der Linkspartei droht dem Berliner Landesverband Kritik wegen seines realpolitischen Kurses.
An den nächsten beiden Wochenenden dürfte es in der Max-Schmeling-Halle - Nomen est omen - viele Prügel geben. Nur die Anlässe unterscheiden sich. In neun Tagen steht die Box-WM im Mittelgewicht an, diesen Samstag und Sonntag der Bundesparteitag der Linken. Dabei könnte der Berliner Landesverband eins auf die Mütze kriegen. Denn nach den jüngsten Austritten sind die Fronten starrer denn je: hier die Realpolitiker, die mit der SPD koalieren, dort die Radikaloppositionellen unter Bundeschef Oskar Lafontaine.
Es ist erst fünf Wochen her, dass Haushaltsexperte Carl Wechselberg den Landesverband verließ. Er mochte nicht länger den Kopf für Lafontaines Wahlversprechen hinhalten müssen, von denen er als Finanzpolitiker genau wusste, dass sie nicht bezahlbar wären. Lafontaine sehe in der SPD den Hauptfeind, "den es restlos fertigzumachen gilt", urteilte Wechselberg im Spiegel.
Landeschef Klaus Lederer hatte diese Analyse nicht unterstützt, dennoch wird die ganze Berliner Linke haftbar gemacht für Wechselbergs Kritik. Der sitzt zudem im Abgeordnetenhaus weiter inmitten der Fraktion - dritte Reihe, Dritter von links.
Angesichts der Kräfteverhältnisse haben die Berliner in der Schmeling-Halle alles andere als einen Heimkampf: Sie stellen nur 10 Prozent der 562 Delegierten. Im Landesvorstand schätzt man das nicht so ein. "Wir haben keine Anhaltspunkte dafür, dass es Kritik geben wird", sagt Parteisprecher Thomas Barthel. Er verweist auf eine Äußerung von Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch. Der hatte dazu aufgerufen, die SPD nicht länger als Hauptgegner zu sehen. "Wir müssen alles tun, um mit der SPD auf Landesebene Bündnisse hinzukriegen", so Bartsch.
Das wäre ein echter Schwenk. Denn nicht nur Wechselberg, sondern auch der sächsische Landtagsabgeordnete Ronald Weckesser hatte bei seinem Parteiaustritt Anfang Juni bei Lafontaine einen klaren Anti-SPD-Kurs gesehen. Es sei "desaströs", wie "dieser rachsüchtige Egomane seine Privatfehde mit der SPD ausficht, eine reale Partei ruiniert", sagte Weckesser.
Bartsch hatte sich eine Woche nach dem mauen Ergebnis bei der Europawahl geäußert. Die Linkspartei konnte zwar das PDS-Ergebnis von 2004 von 6,1 auf 7,5 Prozent steigern. Erhofft aber hatte sich die Partei 10 Prozent oder mehr. In Berlin, dem einzigen Land mit Regierungsbeteiligung der Linken, konnte sich die Partei leicht verbessern; in vier von fünf Ost-Bundesländern hingegen verlor sie. Da sehe man doch, sagt Sprecher Barthel, "ob Regierung oder Opposition - das macht nicht wirklich einen Unterschied aus."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!