Linke über gegenderte Sprache: „Die CDU hat eine Welle losgetreten“
Die Linke Gabriele Ritter will keine gendergerechte Sprache für Gegenstände. Rechte und Konservative verbreiten aber das Gegenteil.

taz: Frau Ritter, die freie Wählergemeinschaft Flensburg (WiF) hat beantragt, den Begriff Ratsfrau durch Ratsdame zu ersetzen. Sie haben daraufhin einen satirischen Ergänzungsantrag gestellt: Arbeitsgeräte sollten künftig gegendert werden, etwa so: Der/die KopiererIn. Welche Reaktionen haben Sie erhalten?
Gabriele Ritter: Das Telefon klingelt ununterbrochen, die Zahl der Anrufe ist an einem Tag so hoch wie sonst in einer Woche. Und wir erhalten zahllose Mails, darunter viele schlimme vom rechten Rand. Ich möge mir irre kichernd eine Pistole an den Kopf setzen, solche Sachen zum Beispiel. Das lasse ich aber links liegen. Den Fragestellern, die ernst gemeinte Anfragen senden, schicke ich ein Paket mit dem korrekten Antrag der WiF, dem satirischen Ergänzungsantrag und beiliegend eine Erklärung, dass es sich um einen satirisch gemeinten Antrag handelt.
Wieso nehmen die Menschen die Sache so ernst?
Ich weiß, dass der Antrag – kurz nachdem er bei uns online war – in der CDU-Parteizentrale in Berlin gelandet ist. Die haben wohl eine gute „Feindbeobachtung“. Der CDU-Politiker Frank Bergmann hat die Geschichte dann via Twitter weiterverbreitet. Allerdings unter dem Hashtag „keinWitz“. Und der Ersatzantrag wurde kurzerhand als Antrag verkauft. Die CDU hat die Welle damit losgetreten. In der CDU Flensburg hat man das dann mächtig aufgegriffen, anstatt sich den Ersatzantrag mal genau durchzulesen. Auch die Junge Freiheit und die Bild-Zeitung sind auf den Zug aufgesprungen und wollten uns gezielt schaden.
Wie wehren Sie sich?
Zuerst habe ich das gar nicht mitbekommen, weil ich nicht twittere. Die Gelegenheit zur medialen Richtigstellung hat uns ein Journalist der Funke-Mediengruppe gegeben, der das Thema entsprechend relativiert hat.
Dabei hat Flensburg eigentlich andere Probleme, oder?
Natürlich! Es hakt beim öffentlichen und sozialen Wohnungsbau, es fehlen Kitaplätze. Aber es gibt auch positive Meldungen: Die AfD bekommt bei uns kein Bein an Land. Wir haben tolle Flüchtlingsprojekte, etwa das bunte Bündnis. Das entstand als Reaktion auf Flegida.
Wie fänden Sie es eigentlich, wenn es in Ergänzung zu die Linke, auch „der Linker“ geben würde?
(lacht) Oh, genau dieser Vorschlag wurde ebenfalls per Mail eingereicht. Wir stehen ja durchaus für eine gendergerechte Sprache. Aber das wäre des Guten doch zuviel.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart