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Linke nach Gysi-Kritik„Nicht saft- und kraftlos“

Die AfD macht der Linken zu schaffen. Gregor Gysi hat deswegen seine Partei kritisiert. Sahra Wagenknecht verwahrt sich gegen „Querschüsse aus dem Off“.

Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch weisen Gysis Kritik zurück Foto: dpa

Berlin dpa | Die Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hat die Kritik ihres Vorgängers Gregor Gysi am Zustand der Partei mit deutlichen Worten zurückgewiesen. Wagenknecht sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Konkrete Vorschläge, die die Partei weiterbringen, sind immer willkommen. Ständige Querschüsse aus dem Off helfen dagegen niemandem.“

Gysi hatte die Linke als „saft- und kraftlos“ bezeichnet. Auch Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch wandte sich gegen Gysi. Die Linke will sich nach ihren jüngsten Wahlschlappen nun verstärkt als bessere Alternative zu den etablierten Parteien in Stellung bringen. Dazu soll ein Parteitag an diesem Wochenende in Magdeburg dienen.

Gysi hatte bemängelt, die Wähler sprächen der Linken Gestaltungskraft ab. Denn im Bund vermittele die Partei den Eindruck, nicht in die Regierung zu wollen. In Ostdeutschland müsse die Linke die Konkurrenz der AfD fürchten.

Wagenknecht entgegnete: „Dass ausgerechnet die xte Offerte an SPD und Grüne unser Profil schärfen und verlorene Wähler zurückgewinnen soll, ist eine seltsame Idee.“ Bartsch sagte der Thüringer Allgemeinen: „Die Partei ist nicht saft- und kraftlos.“ Bartsch sprach sich dafür aus, Regierungsbeteiligungen anzustreben.

Wagenknecht sagte, auch als Lehre aus den schlechten Landtagswahlergebnissen im März müsse die Linke ihr Profil als „soziale Opposition zum neoliberalen Parteienkartell“ wieder in den Mittelpunkt rücken. „Es ist ganz wichtig, dass wir die soziale Frage, die Frage des sozialen Zerfalls unserer Gesellschaft und unsere Alternativen dazu ganz nach vorn stellen.“

AfD als „Teil des neoliberalen Parteienkartells“

Wagenknecht sieht im Erfolg der AfD soziale Ursachen. „Der Zulauf für rechtsdemagogische Parteien ist auch ein Ergebnis der immer größeren sozialen Spaltung der Gesellschaft und der damit verbundenen wachsenden Unsicherheit und Angst“, sagte sie. Verantwortlich dafür sei eine Politik, die die gesellschaftliche Mitte zerstöre und wachsende Armut sowie extremen Reichtum Weniger für alternativlos erkläre. „In Deutschland stehen dafür leider alle Parteien außer der Linken.“

Nun gehörten Themen wie die Wiederherstellung einer den Lebensstandard im Alter sichernden gesetzlichen Rente umso dringender auf die Tagesordnung.

Gysi übersehe, „dass die Linke aktuell in den meisten Umfragen oberhalb ihres letzten Bundestagswahlergebnisses liegt, obwohl die AfD seither fast 10 Prozent zugelegt hat“. Wagenknecht bezeichnete die AfD als „Teil des neoliberalen Parteienkartells“. Sie habe sozial nichts im Angebot als weiteren Sozialabbau, weiter sinkende Reichensteuern und noch mehr Privatisierungen.

Die Opposition gegen miese Löhne, prekäre Jobs und die Zerstörung sozialer Sicherheit sei immer der Markenkern der Linken gewesen, sagte Wagenknecht. „Aber diese Themen wurden zwischenzeitlich zu sehr von anderen überlagert.“ Nun gehörten Themen wie die Wiederherstellung einer den Lebensstandard im Alter sichernden gesetzlichen Rente umso dringender auf die Tagesordnung. Nötig seien auch wirkungsvolle Schritte gegen Lohndumping mittels Leiharbeit und Werkverträgen.

Auf dem Parteitag will die Linke am Wochenende in Magdeburg ihren Kurs Richtung Bundestagswahl bestimmen. Die beiden Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger stellen sich zur Wiederwahl.

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16 Kommentare

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  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    "Dass ausgerechnet die xte Offerte an SPD und Grüne unser Profil schärfen und verlorene Wähler zurückgewinnen soll"

     

    Da fragt man sich doch ob die Frau mal darüber nachgedacht hat ob nicht eben dieses doch recht scharfe Profil ihrer Partei das eigentliche Problem ist.

     

    Das dem durchschnittlichen Wähler zum Beispiel die Solidarität der Linken mit Chavez und Maduro gefällt wage ich mal ganz stark zu bezweifeln. Gleiches gilt für Wahlkampf der offen auf "Utopien" fußt.

    Die Partei hat sich auf ein Programm versteift das kein Potential hat je mehr als 15% der Wähler zu erreichen. Selbst unter denen die von linker Politik profitieren würden wollen viele nicht, weil dogmatische Positionen in einer sich immer schneller wandelnden Welt nicht mehr praktikabel sind.

     

    Das diese Partei nicht in die Regierung will mag man nicht sagen, sie will sicher, sie will dafür nur nicht von ihren Positionen abweichen. Das ist im Endeffekt ein bombensicherer Weg auf absehbare Zeit an keiner Regierung beteiligt zu werden.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      Offenbar fällt es Ihnen schwer, zu verstehen, dass wir nicht noch eine sechste Partei der neoliberalen Einheitspolitik in Deutschland brauchen.

       

      "Das diese Partei nicht in die Regierung will mag man nicht sagen, sie will sicher, sie will dafür nur nicht von ihren Positionen abweichen. Das ist im Endeffekt ein bombensicherer Weg auf absehbare Zeit an keiner Regierung beteiligt zu werden."

       

      Und warum sollte man regieren wollen, wenn man vorher alle politischen Pläne beerdigen muß?

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Schwer fallen ist der falsche Ausdruck. Das suggeriert ja das die Notwendigkeit da ist und ich Probleme damit habe diese zu erkennen. Das wäre erstmal zu beweisen.

         

        Das die anderen Parteien "neoliberale Einheitspolitik" betreiben ist wohl auch nur aus einem ganz speziellen Blickwinkel zu erkennen.

    • 2G
      2097 (Profil gelöscht)
      @33523 (Profil gelöscht):

      Die Solidarität der CDU/CSU mit Saudi Arabien bzw. die Waffenlieferungen der CDU/CSU an Saudi Arabien gefällt vielen CDU Wählern auch nicht. Das Duckmäusertum der Kanzlerin vor dem türkischen Putin mit Namen Erdogan auch nicht.

      Das Parteiprogramm der Linken enthält Maximalforderungen, die dann bestmöglich ausgehandelt werden müssen. Der Grundgedanke ist nun mal die Vermögenden erneut angemessen im Solidarsystem mit einzubinden. Daran ist wohl nichts verkehrt und die Linke ist nun mal bedauerlicherweise die einzige Partei, die dies wenigstens noch anspricht bzw. permanent anspricht.

    • @33523 (Profil gelöscht):

      In der bundesdeutschen Politik werden seit Jahr und Tag "dogmatische Positionen" praktiziert und der Wähler hat damit offenbar nicht das geringste Problem.

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Die Linke ist leider die einzige übrig gebliebene Alternative zum Rosinenpicker-Wirtschaftsliberalismus bzw. Neoliberalismus in diesem Land ist. Somit ist die Linke trotz aller berechtigter wie unberechtigter Kritik leider alternativlos für alle, die den asozialen, unsolidarischen, sozialdarwinistischen und menschenverachtenden Wirtschaftsliberalismus nicht unterstützen möchten.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @2097 (Profil gelöscht):

      Oder anders gesagt: Die Linke ist für 2/3 der Bevölkerung unwählbar.

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Dann ist die Linke ja immerhin für 33,33% Bevölkerung wählbar. Sogenannte "Volksparteien" können heute davon doch nur noch träumen.

        • 3G
          33523 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          Wählbar heißt ja nicht das die Stimmen dann auch erzielt werden. In dieser Zielgruppe wildern ja auch Teile der Grünen und der SPD.

          • @33523 (Profil gelöscht):

            Eben! Und ob die noch für 30% wählbar sind, darf man bezweifeln.

      • 2G
        2097 (Profil gelöscht)
        @33523 (Profil gelöscht):

        Wenn für 2/3 die soziale Schieflage aufgrund des Neoliberalismus hinnehmbar ist, ist die Linke weiterhin für diese 2/3 unwählbar.

        Für 1/3 der Bevölkerung wäre die Linke wählbar, halte ich für zu hoch. Ich vermute, momentan wäre die AfD für 1/3 wählbar aber nicht die Linke.

        • 3G
          33523 (Profil gelöscht)
          @2097 (Profil gelöscht):

          Wenn man stur nach eigenem Vorteil vorgeht dann würde die Linke vielleicht knapp 1/3 der Stimmen bekommen können. Es gibt aber eben auch genug Menschen, welche die Linke nicht wählen weil ihnen die Methode nicht gefällt.

          • @33523 (Profil gelöscht):

            Welche Methode?

            • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

              Die dogmatische rote Null?

  • Frau Wagenknecht liegt insofern richtig, als daß es für die Linke wenig Sinn macht, mit den Grünen und der SPD um ein paar gutverdienende Salon-Linke zu konkurrieren. Es gilt für sie, ihre Wählerbasis in den unteren Einkommensgruppen zu vergrößern und gegen die AfD zu verteidigen.

    Ob die Linke koalitionsfähig ist oder wird, ist zweitrangig. Spätestens wenn CDU/CSU/SPD/FDP/Grüne das erste Mal weniger Stimmen erhalten haben, als Linke und AfD, stellt niemand mehr diese Frage.

  • Nun ja, wer hat recht? Vielleicht auch egal, weil die Linke auf absehbare Zeit nicht die Drohkulisse entwickeln kann, die andere Partei zwingen würde, auf die Ideen der Partei zuzugehen. Dennoch ist die Partei in einem Punkt gut: Sie bringt soziale Fragen immer wieder auf und setzt sich für Menschen ein, die kaum eine echte Lobby haben. Um damit größer herauszukommen, müsste die Linke sich selber besser hinterfragen und darüber nachdenken, ob ihre Politiktechnik und ihre Organisationsform, mit einer klare Hierarchie in Parlamente und Regierungen, ihr wirklich gut tut. Meist ist die Linke auf höhere Ebene so vollständig isoliert, das sie viel macht, aber wenig dafür bekommt.