Linke fordert Kiezkantinen: Comeback der Volxküche
Die Linke will staatlich finanzierte Kantinen mit günstigem Essen eröffnen, auch als Treffpunkte gegen Einsamkeit, erklärt Spitzenkandidatin Elif Eralp.
Die Linken-Bürgermeisterkandidatin Elif Eralp meldet sich mit einem neuen Vorstoß zu Wort: In allen Berliner Bezirken sollen staatlich finanzierte „Kiezkantinen“ eingerichtet werden, die günstige Mahlzeiten anbieten, um die Bürger*innen angesichts steigender Lebensmittelkosten zu entlasten. Auch der zunehmenden Einsamkeit in der Großstadt soll damit begegnet werden.
„Jeder fünfte Berliner ist aktuell armutsgefährdet, hat der Sozialbericht 2025 eben erst festgestellt. Wir glauben also, dass dieser Vorschlag genau zur richtigen Zeit kommt“, sagte Elif Eralp am Mittwoch der taz. Es gebe zwar schon öffentlich zugängliche Kantinen in verschiedenen Bezirken, gerade für ärmere Menschen seien die Preise dort aber meist zu hoch. „Wir wollen Kantinen einrichten, in denen sich alle das Essen leisten können – Bürgergeldempfänger*innen, von Altersarmut Betroffene, Studenten“, so Eralp.
Das Ziel sei zunächst, in jedem Bezirk mindestens eine solche Kantine zu eröffnen. Die Preise für die Mahlzeiten sollen bei 3 bis 4 Euro liegen, auch auf Barrierefreiheit soll geachtet werden. Die Linken hätten berechnet, dass das mit 10 Millionen Euro im Jahr umsetzbar wäre, erklärt Eralp.
New York als Vorbild
Die Idee ist auch nach dem erfolgreichen Wahlkampf des demokratischen Sozialisten Zohran Mamdani in New York City inspiriert und reiht sich somit in die wechselseitige Inspiration linker Kräfte in unterschiedlichen Ländern ein, so Eralp.
Seinen Wahlsieg Anfang November feierten die Berliner Linken bereits mit dem Leonard-Cohen-Zitat „First we take Manhattan, then we take Berlin“. Die Bundes-Linken-Parteichefin Ines Schwerdtner und der Berliner Landesvorsitzende Maximilian Schirmer besuchten Ende Oktober New York City, um sich durch Treffen mit Wahlkampfhelfer*innen Mamdanis ein Bild von der Kampagne zu machen.
Mamdanis Wahlprogramm beinhaltete den Aufbau von „City-run grocery stores“, ein Netzwerk von staatlich subventionierten Supermärkten, verteilt über die New Yorker Bezirke. Ein ähnliches Konzept also wie die Kiezkantinen, um der Belastung durch die stetig steigenden Lebensmittelpreise entgegenzuwirken.
„Das haben wir uns als Anregung genommen und gesagt: Lasst uns auch was im Bereich von Lebensmitteln und Bezahlbarkeit machen“, sagte Eralp im Gespräch mit der taz. Mit den Kiezkantinen könne man konkret etwas tun, um den Menschen „das Leben zu erleichtern“. An der Höhe des Bürgergeldes etwa könne man auf Landesebene schließlich nichts ändern.
Kantinen als Treffpunkte
Dabei soll es bei dem Vorhaben aber nicht nur um finanzielle Entlastung gehen – mit den Kantinen sollen auch Begegnungsorte entstehen, an denen verschiedenste Menschen zusammentreffen können. Hier seien auch kommunale Kantinen in Skandinavien ein Vorbild für die Linken. „Sehr viele Berliner*innen sagen, sie fühlen sich allein“, so Eralp. Dem müsse entgegengewirkt werden: „Es geht auch um Rückeroberung des öffentlichen Raums, um Orte gegen die Einsamkeit und für die sozialen Bedürfnisse der Menschen schaffen zu können.“
Bevor der Vorschlag der Kiezkantinen in einer möglichen Regierungsverantwortung der Linken umgesetzt werden könnte, wolle die Partei das Konzept bereits im Wahlkampf erproben, berichtet Eralp. Sogenannte Rote Küchen in verschiedenen Bezirken seien bereits in Planung. Was die Umsetzbarkeit der Kiezkantinen in einer rot-rot-grünen Koalition angeht, hofft Eralp auf Einsicht seitens SPD und Grünen: „Die Probleme der Vereinsamung, der Altersarmut und der hohen Lebensmittelpreise sehen SPD und Grüne sicherlich auch.“
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!