Linke Projekte in Berlin in Gefahr: Wird die Meute zur Beute?

Am Samstag wird für die Berliner Szenekneipe Meuterei demonstriert. Sie ist nur eines von vielen linken Projekten, denen akut die Räumung droht.

Ein Schriftzug gegen Yuppis an einer hauswand

Tja, sie werden immer mehr: Protest gegen Yuppies in Kreuzberg Foto: dpa

BERLIN taz | Ein Blick in den schmalen Geldbeutel, ein weiterer auf die charakterlosen Hipster-Craftbeer-Bars – vielen Kreuzbergern bietet ein Ort an regnerischen Herbst- und Winterabenden wieder derzeit Schutz vor Yuppietum und Nüchternheit: die linke Szenekneipe Meuterei in der Reichenberger Straße. Neben einem Hafen für Feinde des Konsumzwangs bietet die Gastwirtschaft in Piratenmanier auch einen Ort für politische Initiativen und Vernetzung.

Doch wie so vielen alternativen Projekten in Berlin droht dem Kneipenkollektiv die Räumung. Am 23. Januar steht der Prozess an. Kundschaft und Freundeskreis wollen die Verdrängung allerdings nicht ohne Kampf hinnehmen: für Samstag, 15 Uhr hat das Bündnis „Leute für die Meute“ eine Demo für den Erhalt der Kneipe angemeldet.

Frei nach dem Motto „Wir gehen steil!“ sollen Drachen steigen gelassen und schwebende Transpis gehisst werden. Auch von Zeppelinen ist die Rede. In einem Demo-Aufruf heißt es: „Wir werden die Immobilienvögel aufspüren und ihren Höhenflug beenden.“

Die Räumungsklage war eingegangen, nachdem der Mietvertrag der Meute im Frühjahr auslief. Der Eigentümer Zelos Properties GmbH mit Sitz im brandenburgischen Zossen hatte das Gebäude der Kneipe bereits 2011 gekauft und die dortigen Wohnungen modernisiert. Nur durch einen Rechtsstreit konnte der linke Treffpunkt sich die Räumlichkeiten bis Mai 2019 sichern. Seitdem jedoch ist „unser aller Wohnzimmer“, so „Leute für die Meute“, richtig offiziell vogelfrei: die Kneipe steht ohne Mietvertrag da.

Der Eigentümer hatte den Betreibern daraufhin angeboten, die Räume zu erwerben. Laut Website des Bündnisses allerdings zu einem „absurden“ Preis von zunächst 750.000, später 650.000 Euro. Man habe die Hälfte geboten, wobei auch bei diesem Preis die Finanzierung ungewiss sei.

Die Kneipe reiht sich mit dem Überlebenskampf in eine lange Reihe von alternativen Orten ein, denen derzeit akut das Ende per Räumung droht: am 12. Dezember soll das Urteil in der Räumungsklage gegen das 30 Jahre alte Hausprojekt Liebig34 in Friedrichshain gesprochen werden.

Bei der Polizei wurden für die Demo in Kreuzberg am Samstag 400 Teilnehmer angemeldet.

Es folgt am 8. Januar der Prozess gegen das autonome Jugendzentrum Potse in Schöneberg. Im Fall der Neuköllner Kneipe Syndikat entschied das Landesgericht Ende November bereits zugunsten der Eigentümer. Die Betreiber prüfen derzeit weitere Schritte.

Unterdessen sehen die Verteidiger der Meuterei auch die Berliner Politik in der Verantwortung: „Trotz Bemühungen einzelner Politiker*innen für bedrohte Projekte hat die Politik die Misere auf dem Wohnungsmarkt zu verantwor­ten“, schreiben sie auf ihrer Website. „Denn die kapitalistischen Verhältnisse an sich bleiben unangetastet.“

Bei der Polizei wurden für die Demo in Kreuzberg am Samstag 400 Teilnehmer angemeldet. Die geplante Route führt vom Pamukkalebrunnen im Görlitzer Park über die Skalitzer- und Oranienstraße zum Kotti und von dort gen Görli über die Wiener und Forster Straße zur Meuterei in der Reichenberger Straße 58.

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