Linke Politikerin kritisiert Kölner Polizei: Über 100 Anzeigen wegen Hassmails
Seit Montag erstattete NRW-Politikerin Özlem Demirel über 100 Strafanzeigen. Sie wird bedroht, weil sie die Polizeiarbeit in der Silvesternacht kritisiert.
„Geh kochen Mäuschen, und überlass deutsche Politik den Deutschen“, riet ihr zum Beispiel eine Yvonne Kügler über Facebook. Ein User unter dem Namen Philipp Schröder meinte: „du scheinst ja echt wild darauf zu sein von diesen Kulturbereicherern mal beglückt zu werden.“ Und ein Thomas Krone überlegte: „Vielleicht sollte man dich einfach abknallen.“
Demirel hatte als Sprecherin der Linkspartei am 1. Januar eine Pressemitteilung herausgegeben, in der sie die Kontrollen in der Silvesternacht am Hauptbahnhof aufgrund von Racial Profiling kritisierte. „Es wäre Aufgabe des Innenministers und der Polizei gewesen, ein Sicherheitskonzept zu entwickeln, das Menschen nicht aufgrund ihrer Haar- und Hautfarbe diskriminiert“, hatte Demirel gemahnt. Sie hatte außerdem einen offiziellen Tweet der Polizei kritisiert, in dem es am Silvesterabend hieß: „Am Hauptbahnhof werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft. Infos folgen.“
„Vielleicht trägt die Tatsache, dass in meinem Namen ein Ö ist und ich die passende Haarfarbe habe, dazu bei, dass diese Kritik so diffamierend ist“, sagte Demirel der taz. „Aber es geht nicht primär um meine Person. Was mich erschüttert, ist, welches gesellschaftliche Klima geschaffen wurde.“
Neben Politikern der Linkspartei hatte auch Grünen-Bundeschefin Simone Peter kritische Fragen zum Polizeieinsatz gestellt und dafür heftigen Widerspruch erhalten, auch aus der eigenen Partei. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Kritik berechtigt war. Die Polizei hatte Menschen abhängig von ihrer vermuteten Herkunft kontrolliert.
Demirel sagte, es sei nicht das erste Mal, dass Äußerungen, die sich der Hetze gegen Geflüchtete in den Weg stellten, mit Hassposts quittiert würden. „Das ist leider bitterer Alltag.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Neue EU-Kommission
Es ist ein Skandal
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative