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Lindner stellt Steuerschätzung vorMehr Einnahmen als vor Corona

Die Steuereinnahmen steigen, doch finanziell steht die Ampel trotzdem vor großen Herausforderungen. Die Aussichten bleiben unsicher.

Der Bundestag debattierte am 12.5 unter anderem über das geplante Steuerentlastungspaket Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Steigende Steuereinnahmen, trotzdem schwierige Finanzlage – in dieser Situation stecken Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und mit ihm die Ampelregierung. Die Einnahmen werden dieses Jahr wohl besser ausfallen als bei der vergangenen Berechnung im Herbst 2021 erwartet, teilten die Steu­er­schät­ze­r:in­nen am Donnerstag mit. Rund 890 Milliarden Euro (plus 41 Milliarden) sollen Bund, Länder und Gemeinden zusammen 2022 erhalten.

Auf den Bund entfällt dieses Jahr ein Plus von 16 Milliarden Euro, auf die Länder von 19 Milliarden. Bis 2026 prognostiziert der Arbeitskreis Steuerschätzung dem Bund im Vergleich zur Herbst-Berechnung 90 Milliarden Euro mehr, den Ländern 96 Milliarden. Insgesamt betragen die Mehreinnahmen der kommenden fünf Jahre im Vergleich zur vergangenen Schätzung rund 220 Milliarden.

Die Erwartungen der Ökonomen liegen damit für dieses Jahr über dem Niveau von 2019. Nach zweieinhalb Jahren scheint die Coronakrise überwunden, zumindest für die Staatsfinanzen. 2026 sollen die Steuererträge sogar erstmals mehr als eine Billion Euro erreichen. Zum Teil allerdings dürfte dieser Effekt auf die Inflation zurückzuführen sein, nicht auf reales Wachstum.

Allerdings fußt die Schätzung auch auf den aktuellen Problemen. Die Wirtschaft erholt sich langsamer als erwartet von Corona, Containerschiffe stauen sich vor Shanghai und anderen Häfen, der russische Krieg kostet Wachstum und Geld. Die Perspektiven sind außerdem ziemlich unsicher. Wie sich der Krieg und die Inflation weiterentwickeln, weiß man nicht.

Wie Wünsche und Realität zusammenpassen? Ein Rätsel

Außerdem steht der Zuwachs in diesem Jahr wohl zum guten Teil nur auf dem Papier. Denn die Steuerschätzer konnten das Entlastungspaket der Bundesregierung in der Größenordnung von 20 Milliarden Euro bisher nicht einkalkulieren. Es ist noch in der parlamentarischen Beratung. Die milliardenteuren Entlastungen angesichts der Energiepreisinflation werden zu deutlichen Mindereinnahmen führen. „Der überwiegende Teil der Mehreinnahmen wird an die Menschen zurückgegeben“, sagte Lindner.

Kritisch wird es im Bundeshaushalt 2023, den der Bundestag in diesem Sommer berät. Die Bundesregierung will ihre Ausgaben von 484 Milliarden Euro (2022) auf 413 Milliarden senken. Die Neuverschuldung soll von knapp 140 Milliarden auf nur noch 7,5 Milliarden in 2023 abnehmen, damit die Schuldenbremse im Grundgesetz wieder gilt.

Außerdem verspricht der Finanzminister gewisse Steuersenkungen, um inflationsbedingt höhere Abgaben der Privathaushalte und Firmen auszugleichen. Das forderte auch Christian Haase, haushaltspolitischer Sprecher der Union im Bundestag: „Die Inflationsgewinne sollte der Staat zurückgeben.“ Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sagte dagegen: „Die Steuerschätzung ist kein Anlass für Diskussionen über Steuersenkungen.“ Die Regierung müsse mehr für soziale Gerechtigkeit tun.

Wie Wünsche und Realität 2023 zusammenpassen sollen, ist vorläufig ein Rätsel. Der Krieg und seine Folgen werden wohl weiterhin zu spüren bleiben, die Energiewende kostet große Summen. Immerhin können SPD, Grüne und FDP auf die Rücklagen von gut 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds zurückgreifen und wahrscheinlich auch auf den neuen 100-Milliarden-Euro-Sonderetat für die Bundeswehr.

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