Liebe, Lust und Homosexualität in der Schule: Ausbildung zu schlecht
■ Auch Sexualerziehung beginnt im Kopf
Brauchen wir eine neue Sexualerziehung in der Schule? Der grüne Bürgerschaftskandidat Jörg Hutter hatte am Donnerstag abend in das Bürgerhaus Weserterrassen eingeladen, um mit Parteienvertretern, Wissenschaftlern und Betroffenen den Ausweg aus dem Status Quo zu diskutieren. Denn soviel war auch unter den rund 70 BesucherInnen schnell klar: Ein Leitfaden für Sexualerziehung, wie er in Bremen seit 1987 existiert, ist zwar ehrenhaft, hilft aber nicht besonders viel weiter. Denn auch Sexualerziehung beginnt im Kopf, und nicht mit Lehrplan-Gestaltung.
Eine Befragung der Bremer Professorin Petra Milhoffer ergab, daß sich Lehrer oft nicht genügend ausgebildet fühlen, um die heikle Materie von Homosexualität und Lust sachkompetent vor einer Schulklasse rüberzubringen. Kaum von Erfolg goutiert werde dabei der Versuch, die rudimentäre Sexualerziehung in den Biologie- oder Sachunterricht abzuschieben. Mit dem Thema müsse fächerübergreifend umgegangen werden.
Der Kieler Sozialpädagogik-Professor Uwe Sielert war zudem der Meinung, daß es eher kontraproduktiv wirkt, wenn nur Schwulen- und Lesbengruppen in der Schule Aufklärungsarbeit leisten: Kurzzeitig steige das Interesse am Thema bei den Schülern an, die sich aber oft bald wieder alleingelassen fühlen mit ihren Fragen zur Sexualität.
Die drei Parteienvertreter der Grünen (Hutter), AfB (Brigitte Ginda) und SPD (Michael Engelmann) waren an diesem Abend wenig gefragt. Denn was kann Politik schon tun? Bildungsangebote für Lehramtsstudenten und Lehrer verbessern, vielleicht; einen besserem Leitfaden für Sexualerziehung einfordern; Sexualforschung gesellschaftsfähig machen und ausreichend finanzieren.
Doch die BesucherInnen interessierte der Lebensbericht des schwulen Schülers Andre mehr. Der zog eine vernichtende Bilanz der Sozialerziehung in den von ihm besuchten Schulen. „Mit 15 mußte ich mein niedersächsisches Dorf verlassen, weil das nur noch ein Spießrutenlauf war. Ich kann nicht behaupten, daß es in Bremens Schulen toleranter zugeht.“ cd
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