Libyscher Flüchtling zusammengeschlagen: Opferaussage nicht notwendig
Ein Asylsuchender wurde möglicherweise von Neonazis bewusstlos geschlagen. Doch noch vor dem Gerichtsprozess soll er nun abgeschoben werden.
BERLIN taz | Am 14. Oktober 2011 wurde der 32-jährige Wissem Gdara gleich zweimal angegriffen. Am Nachmittag geriet er in der Plauener Stadtgalerie in eine Auseinandersetzung mit einem Ladendetektiv, der einen anderen Asylbewerber zu Unrecht verdächtigt hatte. Der zweite Vorfall spielt sich am Abend vor einer Diskothek in Plauen ab. Dort wurde Gdara so zusammengetreten, dass er das Bewusstsein verlor. Er erstatte Anzeige gegen die beiden mutmaßlichen Täter. Diese sollen in beiden Fällen aus dem Umfeld der Sicherheitsfirma C.O.P.S. stammen. Sie stellt die Türsteher an der fraglichen Diskothek und gilt als verstrickt ins Neonazimilieu.
Die Staatsanwaltschaft Zwickau hat Ermittlungen aufgenommen. Ob Gdara jedoch jemals vor Gericht aussagen kann, ist fraglich. Weil er wie viele Libyer über Italien einreiste, soll er ohne Asylverfahren dorthin abgeschoben werden. Am 16. Januar lehnte das Verwaltungsgericht Chemnitz seinen Eilantrag ab, das Asylverfahren hier durchzuführen. Der Libyer ist untergetaucht.
"Uns ist dieser Prozess keineswegs egal", sagt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Allerdings habe die Staatsanwaltschaft in diesem Fall keine Handhabe, eine Abschiebung zu verzögern, denn es drohe "kein Beweismittelverlust". Gemeint ist: Gdaras Aussage wurde schon von der Polizei aufgenommen. "Natürlich ist es besser, wenn er sie vor Gericht wiederholt."
Auch die Staatsanwaltschaft schließt einen rechtsradikalen Hintergrund nicht aus. Die beiden des Angriffs auf Gdara Beschuldigten seien "einschlägig, also wegen Körperverletzung vorbestraft".
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günther Burckhardt hat dem Leiter des Asylbundesamts wegen Gdara einen Brief geschrieben. "Das Signal, das von dieser Entscheidung ausgeht, ist angesichts des gewalttätigen Rechtsextremismus in Deutschland verheerend." Um "Gesichtspunkten des Opferschutzes Rechnung zu tragen" und die Verfolgung der Täter zu sichern, soll Deutschland Gdaras Asylantrag zulassen.
Auch die Beratungsstelle für die Opfer rassistischer Gewalt in Sachsen fordert, dass der Libyer psychosoziale Beratung erhält und an der juristischen Aufklärung mitwirken kann. "Rassistische Angriffe sind in Plauen keine Ausnahme", so André Löscher von der Opferberatung. "Unsere Klienten klagen seit Jahren darüber, dass von Mitarbeitern der C.O.P.-Security Angriffe ausgehen." Was sich an dem Abend genau abgespielt hat, ist unklar. Sicher ist nur, dass es noch weitere Zusammenstöße zwischen Asylbewerbern und den Sicherheitsleuten vor der Disko gab.
Leser*innenkommentare
Swanni
Gast
"Was sich an dem Abend genau abgespielt hat, ist unklar. "
Das wäre aber interessant zu wissen und das herauszufinden sehe durchaus als Aufgabe einer Zeitung.
Schnelles Googeln bringt diese Meldung zutage :
Asylbewerber überfallen Diskothek in Plauen
vom 15.10.2011 um: 12:06 Uhr | Quelle: dapd
Stadtgeschehen Plauen Asylbewerber überfallen Diskothek in Plauen
Plauen (dapd-lsc). Eine Gruppe von 25 Asylbewerbern hat in der Nacht zum Samstag eine Diskothek in Plauen überfallen. Die Männer seien mit Baseballschlägern und Pflastersteinen bewaffnet gewesen, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Damit hätten sie die Sicherheitskräfte des Clubs angegriffen und den Eingangsbereich und die Fenster beworfen. Anschließend seien sie geflüchtet. Drei Personen wurden verletzt. Das Motiv sei noch völlig unklar, sagte ein Sprecher.
Bei der Fahndung wurden laut Polizei drei Männer im Alter von 23, 28 und 30 Jahren vorläufig festgenommen. Ein 26-Jähriger, der nach Polizeiangaben vermutlich auch beteiligt war, wurde aufgrund seiner Verletzungen, die er sich bei der Auseinandersetzung zugezogen hatte, in ein Krankenhaus eingeliefert.
Zwei Sicherheitsmitarbeiter der Diskothek wurden leicht verletzt. Zur Höhe des Sachschadens liegen noch keine Angaben vor. Die Polizei ermittelt wegen Landfriedensbruchs.
Veröffentlicht in: Stadtgeschehen
http://aktuell.meinestadt.de/plauen/2011/10/15/asylbewerber-uberfallen-diskothek-in-plauen/