piwik no script img

Lehrlingsmangel und GehälterArbeitgeber locken mit mehr Geld

Dem Azubi-Mangel sei dank: Die Lehrlingsentgelte steigen deutlich stärker als die Löhne. Für Pflege-Azubis gibt es 1.300 Euro im ersten Lehrjahr.

Azubi in einer Demenz-Wohngemeinschaft Foto: Stefanie Loos

Berlin taz | Die demographische Entwicklung und der Mangel an Nachwuchs hat für Auszubildende einen angenehmen Effekt: In vielen Tarifbereichen steigen die tariflichen Azubi-Entgelte prozentual stärker als die sonstigen Löhne. Im westdeutschen Bauhauptgewerbe gibt es inzwischen im vierten Ausbildungsjahr bis zu 1.650 Euro im Monat, in der Pflege im Tarifbereich des öffentlichen Dienstes von Bund und Gemeinden bekommen Azubis im ersten Lehrjahr 1.341 Euro brutto.

Die Zahlen stammen aus einer aktuellen Untersuchung des WSI-Tarifarchivs der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. „Dass in vielen Tarifbranchen die tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen deutlich stärker als die Löhne ansteigen, lässt sich bereits seit einigen Jahren beobachten“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. Auch im Ausbildungsjahr 2023/2024 habe sich dieser Trend weiter fortgesetzt. „Tarifbranchen, in denen weniger als 1.000 Euro im Monat gezahlt wird, werden angesichts des bestehenden Fachkräftemangels immer weniger“, so Schulten.

Die Spannen zwischen den Azubi-Entgelten sind allerdings erheblich: Als niedrigstes Gehalt in der Untersuchung gelten die 710 Euro, die Auszubildende im Friseurhandwerk in Nordrhein-Westfalen bekommen. Die höchsten Ausbildungsvergütungen im ersten Ausbildungsjahr mit monatlichen Beträgen von oberhalb 1.200 Euro werden in den genannten Pflegeberufen, im privaten Bankgewerbe, in der Textilindustrie in Baden-Württemberg, bei der Deutschen Bahn und im Versicherungsgewerbe gezahlt.

Zu den Tarifbranchen mit niedrigen Ausbildungsvergütungen von unter 900 Euro gehören die Landwirtschaft in manchen Regionen, das Backhandwerk und die westdeutsche Floristik, wo Auszubildende 800 Euro im Monat bekommen.

Regionale Unterschiede

In elf der 20 in der Studie berücksichtigten Tarifbranchen bestehen nach wie vor Unterschiede im Niveau der Ausbildungsvergütungen zwischen den west- und ostdeutschen Tarifgebieten. In der chemischen Industrie und in der Metall- und Elektroindustrie liegen die ostdeutschen Ausbildungsvergütungen mit elf beziehungsweise 33 Euro im Monat weniger aber nur geringfügig unterhalb der westdeutschen Tarifbezirke.

Die Entgelte in der Studie liegen alle oberhalb der Mindestausbildungsvergütung, die lediglich 649 Euro beträgt.

Laut dem monatlichen Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit für den Monat Juli sind noch 204.000 betriebliche Ausbildungsstellen unbesetzt. Das sind geringfügig weniger als im Vorjahr, weiterhin aber deutlich mehr als die 121.000 Jugendlichen, die noch einen Ausbildungsplatz suchen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!