Lehrernotstand in Berlin: Neuer Ärger für Scheeres

Die Gewerkschaft GEW kritisiert Pläne der Bildungssenatorin, wie mit unbesetzten Lehrerstellen umzugehen sei. Lichtenberger Schule schreibt Brandbrief.

Sandra Scheeres am Rednerpult im Abgeordnetenhaus

Die Vorschläge von Bildungssenatorin Scheeres reichen der GEW nicht Foto: dpa

Punkt für Punkt pflückte die Lehrergewerkschaft GEW am Dienstag die Maßnahmen auseinander, mit der Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) den Lehrernotstand im neuen Schuljahr lindern will. „Wir haben uns das in Ruhe angeschaut: Frau Scheeres wird die Lücke nicht schließen können“, sagte Ko-Landeschefin Doreen Siebernik.

Die Bildungsverwaltung hatte vor zwei Wochen mitgeteilt, sie rechne nach den Sommerferien mit rund 500 unbesetzten Lehrerstellen. Von Scheeres’ Vorschlägen, wie damit umzugehen sei, hält die GEW nicht viel: Sie stieß sich besonders an der Idee, dass die Schulen bei den Stunden für Sprachförderung und Inklusion sparen sollen. Es sei „zynisch“, wenn Scheeres davon spreche, dass trotz Lehrermangel kein Unterricht in Gefahr sei. „Gerade viele Brennpunktschulen verlassen sich darauf, dass sie die Förderstunden haben, um überhaupt erfolgreich arbeiten zu können“, sagte der GEW-Landes­chef Tom Erdmann. „Diese Stunden sind kein Bonus, sie sind notwendig.“

„Es entsteht ein Flächenbrand“

Zugleich wurde am Dienstag ein Brandbrief der Mil­dred-Harnack-Schule in Lichtenberg öffentlich. Das Kollegium beklagt darin, dass Inklusion nicht funktioniere, wenn man „Kinder mit Förderbedarf einfach auf Regelklassen verteilt“. Die Zahl verhaltensauffälliger Kinder nehme zu – doch die Ressourcen verschlechterten sich. So werde „Unterricht zum Nebenschauplatz und ist zum Teil gar nicht möglich“, schreiben die LehrerInnen. Im Mai hatten sich 22 Neuköllner Schulen ähnlich zu Wort gemeldet. „Das ist ein Flächenbrand, der da aus den Kollegien heraus entsteht“, warnte Siebernik.

Mit einer Protestaktion am heutigen Mittwoch vor dem Rathaus wollen Lichtenberger Eltern gegen die Schulbauplanung von Land und Bezirk demonstrieren. Letzterer hatte seinen Entwurf für die Bauplanung am Montag vorgestellt. Demnach fehlen an den Grundschulen 1.100 Schulplätze. Bis 2023/24 wird das Defizit an Grund- und weiterführenden Schulen auf rund 4.500 Plätze anwachsen. Zwar sind viele Neubauten vorgesehen. Doch die Prozesse dauerten zu lange, sagte Elternvertreterin Claudia Engelmann. Von der vor zwei Jahren verkündeten Schulbauoffensive des Landes sei wenig spürbar. Um 18.15 Uhr wollen die Eltern 1.129 Luftballons vor dem Rathaus platzen lassen, für jeden fehlenden Schulplatz einen. (taz)

Auch Scheeres’ Angebot an Pensionäre hat laut GEW kaum Effekte: Die dürfen jetzt bis zum 68. Lebensjahr arbeiten und bekommen dafür einen Zuschlag auf ihre Pension. Bisher hätten sich nicht mehr BeamtInnen gemeldet als sonst, sagte GEW-Tarifexperte Udo Mertens. Die Gewerkschaft will lieber den Quereinstieg für noch mehr Studienfächer öffnen. Zudem solle die Bildungsverwaltung stärker steuern, welcher Neulehrer an welche Schule darf. „Wenn eine beliebte Schule zum Beispiel drei Stellen offen hat, dann sollte sie die dritte mit einem Quereinsteiger besetzen müssen“, sagte Mertens. Sonst könnten die nachgefragten Schulen eine „Bestenauslese“ betreiben, und Brennpunktschulen hätten obendrein noch die Herausforderungen des Quereinstiegs zu schultern.

Auch einen etwas unorthodoxen Vorschlag hatte die GEW: Die Berichte der Schul­inspektion, die regelmäßig jede Schule kontrolliert, würden von den KollegInnen als irrelevant für ihre pädagogische Arbeit empfunden. Scheeres will LehrerInnen, die anderswo arbeiten, wieder zurück an die Schulen holen. Es biete sich an, die Beschäftigten der Schulinspektion zu nehmen, so Erdmann.

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