Legendärer bayerischer Filmkobold: Hurra, der Pumuckl ist wieder da
Ab März sind auf Amazon alle Folgen von „Meister Eder und sein Pumuckl“ abrufbar. Für das moderne Kind von heute digital restauriert und in HD.
Da ist ja wirklich unerhört! Ausgerechnet den vifen, von Ellis Kaut genial erfundenen Kobold und seinen grübigen Schreinermeister Franz Eder, diese Urbilder einer gemütlich-frechen Bavarität – die hat sich jetzt der undemokratischste aller Medienkolosse unter den Nagel gerissen: Ab 1. März zeigt der US-Streaming-Dienst Amazon Prime Video alle 52 Folgen der Fernsehserie von „Meister Eder und sein Pumuckl“, selbstverständlich inzwischen digital restauriert und in scharfem HD aufbereitet. Sonst will das ja das modern-depperte Kind nicht mehr sehen, so uralt wie das dann daherkommen würde.
Doch so schnell schießen die Amis nicht und bevor wir vollends in kulturkritische Klagen abdriften, scheinen ein paar Anmerkungen angebracht: Der heute ach so liberale Bayerische Rundfunk, der den Pumuckl vor nun schon fast 60 Jahren verdienstvoll mit aus der Taufe hob, muss nämlich noch sehr viel wiedergutmachen, bevor man ihm seine Vergangenheit als zensierendes und heimatverhunzendes Schwarzes-CSU-Loch verziehen hat. Da hat Amazon jedenfalls bislang noch durchaus weniger Dreck am Stecken.
Zudem hat der BR nach langen Streitigkeiten – nicht zuletzt um des Pumuckls Bauch, der in einer Neuillustration für ein Buchprojekt kein netter kleiner Ranzen, sondern ein anorektisches Waschbrett werden sollte – nun ja auch selbst den Kobold wieder ins Programm genommen: Vom 15. April an zeigt der Sender von Montag bis Donnerstag jeweils am frühen Nachmittag eine Doppelfolge „Pumuckls Abenteuer“.
In der 13-teiligen Serie aus dem Jahr 1999 zieht es den Pumuckl, vom Beginn im Hörfunk 1962 bis 2005 gesprochen von Hans Clarin, also fast bis zu dessen Tod, hinaus in die Welt jenseits der Eder’schen Werkstatt. Und im Frühjahr 2020 bringt der BR dann auch die klassischen Episoden mit dem Meister Eder alias Gustl Bayrhammer wieder ins Fernsehen. Sie hatten 1982 ihre TV-Premiere gehabt.
Unvergessene Kindheitserinnerungen
Interessanter als diese, heutigen Sehgewohnheiten schon bemerkenswert nahe kommenden Filme, sind aber die frühen Hörfunkaufnahmen. Und zwar nicht nur, weil sie nie mehr vergisst, wer mit ihnen, auf Schallplatte gezogen, als Kind allabendlich langsam in den Schlaf rübergesegelt ist, bis man eben vom Kratzen des Tonabnehmers noch mal kurz hochschreckte.
Sondern weil in ihnen Sprache als Dialekt aufbewahrt ist, die es heute in München nicht mehr gibt – man höre sich nur an, wie die Schulkinder sprechen: ausgestorben! Und dass man sich in München an Gründerzeit-Hinterhöfe, in denen Schreinermeister mit lächerlichen Gewinnspannen vor sich hin klabautern, nur mehr sentimental erinnern kann – das ist ja eh klar.
Und einen weiteren Vorteil hat die akustische Version: Gustl Bayrhammer war ein großartiger Schauspieler; aber wer den Sprecher Alfred Pongratz als Ur-Eder hört, wird seiner zwischen Grant und hagestolzer Zärtlichkeit changierenden Stimme verfallen: Wer hören will, könnte man also sagen, wird mal wieder sehr viel sehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!