Legehennen und Genmanipulation: Das neue Huhn-Ei-Problem

Eier von Hennen mit gentechnisch veränderten Eltern dürfen in der EU ohne Risikoprüfung auf den Markt gelangen. Bauernvetreter kritisieren dies.

Küken.

Platzangst sollte man als Küken von jeher nicht haben Foto: Bernd Wünstneck/dpa

Eier von Legehennen mit gentechnisch veränderten Eltern dürfen in der EU laut Europäischer Kommission ohne Risikoprüfung auf den Markt gelangen. Die „Legehennen und ihre Eier würden keine Zulassung“ und Kennzeichnung nach der Verordnung über genetisch veränderte Nahrungsmittel benötigen, heißt es in einem Schreiben der Brüsseler Behörde an das deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Die Mitteilung liegt der taz vor. Kritiker warnen jedoch vor möglichen Gefahren.

Das staatliches Forschungsinstitut „Volcani Center“ in Israel hat einem Patentantrag zufolge in das Erbgut von Hähnen mit Hilfe der Technik Crispr/Cas ein Gen eingebaut, das die Embryonen absterben lässt, wenn sie mit blauem Licht bestrahlt werden. So lässt sich verhindern, dass neue Hähne schlüpfen.

Die männlichen Tiere von Legehennenrassen haben aus wirtschaftlicher Sicht den Nachteil, dass sie kaum Fleisch ansetzen und keine Eier produzieren. Deshalb werden sie bislang in vielen Ländern gleich nach dem Schlüpfen getötet. In Deutschland ist das seit Januar verboten. Die Alternativen – Geschlechtserkennung bereits im Ei, die Aufzucht der Hähne oder weniger spezialisierte Rassen – sind vergleichsweise teuer und teils auch aus Umweltsicht umstritten.

Für die EU-Kommission sind die neuen Hennen keine gentechnisch veränderten Organismen (GVO), weil laut Hersteller das artfremde, potenziell tödliche Gen „nur an die männlichen Embryonen weitergegeben wird, nicht an die weiblichen Embryonen, die sich zu diesen Legehennen entwickeln“. Denn als gentechnisch verändert gelte gemäß der EU-Richtlinie 2001/18 nur ein Organismus, „dessen genetisches Material so verändert worden ist, wie es auf natürliche Weise durch Kreuzen und/oder natürliche Rekombination nicht möglich ist“.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der gentechnikkritische Verein Testbiotech interpretieren das EU-Recht anders. Sie zitieren den Abschnitt der EU-Verordnung, wonach als GVO auch Lebensmittel gelten, „die aus GVO hergestellt werden“. Die Organisationen warnen „vor einer ‚kalten‘ Deregulierung der umstrittenen Crispr/Cas-Gentechnik (…) mit weitreichenden Folgen für Verbraucher:innen, Le­bens­mit­tel­er­zeu­ge­r:in­nen und den Lebensmittelhandel“.

Ergebnisse der Grundlagenforschung hätten gezeigt, dass Nachkommen von Tieren, deren Erbgut mit Hilfe von CRISPR/Cas gentechnisch manipuliert wurde, „von unbeabsichtigten Veränderungen betroffen sind“. Das könne Risiken verursachen. Bisher scheinen die neuen Hennen nicht in der EU angekommen zu sein. Die Firma NRS Poultry will sie aber weltweit vermarkten.

Hinweis der Redaktion vom 10.03.: Wir haben aus dem Text aus Platzgründen gekürzte Angaben über die von Kritikern befürchteten Risiken ergänzt.

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