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Leeres Schaulaufen

■ Die Berliner Kleinkünstler „Malediva“ im Jungen Theater am Güterbahnhof

Alles ist exakt, klar, gut ausgeleuchtet. Die Schminke sitzt. Jeder Augenaufschlag ist Programm, jede Bewegung ist inszeniert, jedes Minenspiel ist Maske. Zwei Diven sitzen da auf der Bühne, keine Frage. Die beiden Diven sind männlich, und sie kennen sich seit elf Jahren, so gut also, dass sie sich als die zwei Seelen einer einzigen Diva begreifen, einer „Malediva“. „Schaulaufen“ heißt ihr Chanson- Programm. Ein passender Titel für einen Abend aus eitler Oberflächlichkeit.

Wo andere Chansoniers nach der verborgenen Poesie des Alltags suchen, sorgt sich das Duo „Malediva“ lieber um die Qualität des Lifestyles, und der hängt vor allem mit dem Wohnort zusammen: Arme Sau, wer nach Braunschweig ziehen muss, graue Maus, wer im Allgäu lebt, gebranntes Kind, wer auf dem Land aufwächst. Wunderbar ist es dafür in Berlin, wo es Vorder- und Hinterhäuser gibt und wo man sich Gedanken machen kann, in welchem von beiden man wohnen will. Dazwischen ein bisschen makaberer Scherz über die „Koma-Oma“, ein bisschen öffentliches Beziehungsgerangel, ein bisschen Melancholie und Sehnsucht.

So richtig warm werden „Malediva“ den ganzen Abend nicht – obwohl sie die Inseln mit den Badetemperaturen im Namen tragen. Wirklich frostig ist das Diven-Duo aber auch nicht, eher unterkühlt, unfreiwillig abweisend durch gleichbleibend blasiertes Getue. Das langweilt – vor allem, wenn die Diven einen misslungenen Witz so lange wiederholen, bis irgendjemand im Publikum aufgibt und endlich, endlich lacht.

Aber da war noch was neben dem lapidaren Wortschwall, und das war die Musik, der wohldosierte Satzgesang und die einfühlsamen Arrangements des Pianisten Florian Ludewig. Bei ihren poppig orientierte Chansons bieten „Malediva“ die gleiche Perfektion wie bei ihrer Selbstinszenierung – das „Schaulaufen“ kommt immer dann vom Fleck, wenn es etwas zu hören gibt. Klaus Irler

Fr& Sa, 20.30 Uhr, Junges Theater

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