piwik no script img

Lecks an Nord-Stream-PipelinesPolitik unter Hochdruck

Ursache und Täterschaft nach den Gaslecks an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 bleiben unklar. Die Politik sorgt sich um die eigene Infrastruktur.

Umweltsauerei: Vor der dänischen Insel Bornholm strömt Gas aus den Pipelines Nordstream 1 und 2 Foto: Danish Defense/AA/picture alliance

Berlin taz | Fieberhaft und mit größter Dringlichkeit bemühen sich EU-Gremien und -Staaten um Aufklärung der mutmaßlichen Sabotage an den beiden Pipelines Nordstream 1 und 2. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, man brauche absolute Klarheit darüber, was geschehen sei und warum: „Jegliche absichtliche Störung aktiver europäischer Energieinfrastruktur ist inakzeptabel und wird zu der stärkstmöglichen Antwort führen.“

Ähnlich äußerte sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. „Störungen an Nord Stream 1 und 2 sind kein Zufall und betreffen uns alle.“ Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zeigte sich alarmiert. Bei einem Treffen mit dem dänischen Verteidigungsminister Morten Bødskov wurde der verstärkte Schutz kritischer Infrastruktur in allen Nato-Staaten besprochen.

Wer von der mutmaßlichen Sabotage profitiert, ist unklar, für Täter oder Auftraggeber gibt es derzeit keine Beweise – zumindest keine öffentlichen. Sicher ist, dass Angriffe auf die kritische Infrastruktur Teil hybrider Kriegsführung sind. Laut New York Times warnte der US-Geheimdienst CIA bereits im Juni, dass die beiden Pipelines Ziel von künftigen Attacken sein könnten. Der Hinweis blieb vage, ein möglicher Täter wurde nicht genannt.

Allen, denen heute erst auffällt, dass Kabel, Leitungen und Röhren, die im Meer vor sich hin liegen, angreifbar, schwer zu schützen und verletzlich sind, müssen während der Diskussionen über Angriffe auf Glasfaserkabel 2013 bis 2017 tief geschlafen haben.

Konstantin von Notz (Grüne), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums

Auch der Spiegel hatte darüber berichtet. Über den aktuellen Fall sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses, dass man nicht über die Ursache des Lecks spekulieren werde. Sobald die Untersuchungen abgeschlossen seien, sei man bereit, die Partner zu unterstützen. Bedeckt hält sich auch die Bundesregierung: Man habe keine Anhaltspunkte für eine natürliche Ursache des Druckabfalls, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) machte immerhin deutlich, dass der mutmaßliche Sabotageakt erneut vor Augen führe, dass man auf kritische In­frastruktur angewiesen sei – auch unter Wasser. Die Ereignisse rund um die Gaspipelines zeigten eindringlich, wie vulnerabel und bedroht diese seien. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Aufklärung.

„Wir gehen bereits seit Monaten von einer abstrakten Gefährdung der Energieinfrastruktur aus.“ Die Gefährdungseinschätzung werde permanent an die aktuelle Lage angepasst. Der Ministerin zufolge ist die Bundespolizei mit ihren Schiffen 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche auf Nord- und Ostsee unterwegs. „Wir müssen uns auf Szenarien einstellen, die bis vor Kurzem kaum denkbar waren“, so die Ministerin.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz (Grüne), wies auf Twitter – wenn auch polemisch – auf die Fragilität kritischer Infrastruktur hin: „Allen, denen heute erst auffällt, dass Kabel, Leitungen und Röhren, die im Meer vor sich hin liegen, angreifbar, schwer zu schützen und verletzlich sind, müssen während der Diskussionen über Angriffe auf Glasfaserkabel 2013 bis 2017 tief geschlafen haben.“ So wurden 2013 an der Nordküste Ägyptens Taucher erwischt, die Kabel durchschnitten. Anderswo schalteten sich Staaten in Leitungsknoten ein, um Daten abzugreifen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Zeitnahe Aufklärung - BITTE - besser gestern als morgen.