Lebensratgeber für Boomer: Diese Tipps bringen Sie durch alle Krisen (oder auch nicht)
In den Nachrichten folgt derzeit Horrormeldung auf die nächste. Wie kann man da gesund bleiben? Ein Blick auf die Ratschläge der Lebenshilfeindustrie.
D ies ist ja eine heiter-besinnliche Kolumne – aber leider ist die Welt inzwischen verrückt geworden. Zeitenwende, Epochenwende, Polykrise. Der Wahnsinn lauert jeden Tag aufs neue, alle sind irre geworden oder waren es schon immer.
Gerade hatte man den Wahlausgang verkraftet, mit der schlimmen Aussicht auf einen maximal unsympathischen, autoritären Bundeskanzler, der nun vier Jahre lang dauerpräsent in allen Medien sein wird. Dazu die absehbaren künftigen Wahlerfolge der Rechten und die damit verbundenen Vergeblichkeitsgefühle – und danach ging es einfach so weiter.
Weltweite autoritäre Verschiebungen, tägliche Horrormeldungen. Ein Zeitalter geht angeblich zu Ende, Oligarchen, Autokraten, Rechtsradikale haben das Sagen weltweit. Es sind immer die Falschen, die gewinnen.
Was tun in dieser Lage? Welche Optionen hat der Mensch? Also außer verzweifeln, keine Nachrichten mehr schauen, verrückt werden, verbittern? Vielleicht „innere Migration“ oder linke Melancholie? Humor, Fatalismus? Flucht in Religion oder Sport?
Vielleicht weiß das Internet was, oder die Lebenshilfeindustrie.
Widerstand gegen Selfcare
Auf littleyears.de findet man „13 Wege zu mehr Self-Care im Alltag oder wie wir es schaffen können, in diesen Zeiten nicht verrückt zu werden“. Der Artikel ist zwar vier Jahre alt und bezog sich auf Corona – aber was soll’s. Krise ist Krise. Und da ist wichtig, dass Selfcare auf sozialer, emotionaler und praktischer Ebene stattfindet. Dazu braucht es eine Morgenroutine, zum Beispiel früher aufstehen als alle anderen, ein Glas Zitronensaft trinken, dazu noch drei Sonnengrüße.
Hier regt sich bei der Leserin schon innerer Widerstand – mit 60 Jahren sollte man nicht mehr an der Morgenroutine rumpfuschen. Bewusstes Atmen unter der Dusche wird empfohlen, Schlafroutine mit Kissenspray, gut zu sich sein. Aufräumen und „Journaling“ sind ebenso wichtig. Am besten mit „Dankbarkeitsjournaling“ anfangen. Bewusstes Nichtstun wird empfohlen – das wiederum sollte kein Problem sein.
Wir linken Boomerinnen erkennen natürlich, wie sich in diesem ganzen Selfcare-Quatsch postmoderne Steuerungsfantasien und kapitalistische Verwertungslogik kreuzen. Gleichzeitig würde uns in diesen harten Zeiten vielleicht ein bisschen Selfcare doch guttun.
Und hier weiß die Rentner-Bravo Apotheken Umschau Bescheid. „So können ältere Menschen Selbstfürsorge lernen“, heißt es da. Folgendes wird geraten: Den Staubsauger mal im Schrank lassen. Bewusst genießen – also ein Getränk nicht einfach runterkippen, sondern genussvoll konsumieren und dem Geschmack nachspüren. Nicht täglich kochen müssen, sondern ohne schlechtes Gewissen einen Lieferdienst in Anspruch nehmen.
Also, wenn es weiter nichts ist! Dann bin ich wohl schon Meisterin der Selbstfürsorge. Oder einfach noch 20 Jahre zu jung für die Tipps der Apo-Zeitung. Was dann?
Vielleicht hilft der Uralttrick „Trost durch die Natur“. Am 1. März war meteorologischer Frühlingsanfang! Die Schneeglöckchen sind schon eine Weile da, Krokusse, Frühblüher kommen raus.
Denn die Natur macht einfach so weiter. Auch ohne uns.
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