Lebensgefährlicher Angriff in Schöneberg: Mahnwache nach Überfall auf Schwule
In Schöneberg werden drei Männer von bisher Unbekannten brutal zusammengeschlagen. Eines der Opfer erleidet dabei lebensgefährliche Verletzungen. Polizei und Homo-Verbände gehen von homophobem Übergriff aus. Mahnwache am Samstag.
Nach dem gewalttätigen Angriff auf drei Männer in Schöneberg in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch vermuten Vertreter von Schwulen- und Lesbenverbänden einen homophoben Hintergrund. "Wir ermitteln unter anderem in diese Richtung", erklärte auch ein Sprecher der Polizei.
An der Ecke Eisenacher Straße/Kleiststraße, in unmittelbarer Nähe der Geschäftsstelle des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD), hätten am Mittwochmorgen gegen 1.30 Uhr fünf bisher Unbekannte einen 23-Jährigen und einen 24-Jährigen angesprochen und unvermittelt zusammengeschlagen, so die Polizei. Der jüngere der beiden habe Hirnblutungen, eine Schädelfraktur und Gesichtsverletzungen erlitten; sein zunächst lebensbedrohlicher Zustand sei inzwischen stabil, berichtete Bastian Finke vom schwulen Anti-Gewalt-Projekt Maneo. Bei dessen Überfalltelefon war der Angriff gemeldet worden. Ein 21-Jähriger, der den Angegriffenen zu Hilfe eilte, habe Platzwunden erlitten und befinde sich in ärztlicher Behandlung.
Die beiden schwulen Männer seien kurz vor dem Übergriff aus einer der vielen vor allem von Schwulen und Lesben frequentierten Bars in der Gegend gekommen. "Anhand unserer Kriterien zur ersten Einschätzung derartiger Fälle halten wir eine homophobe Intention für sehr wahrscheinlich", so Finke. Täter und Opfer hätten sich offenbar nicht gekannt; zudem sei die heftige Brutalität häufig Kennzeichen schwulenfeindlicher Gewalttaten. "Viele Menschen im Kiez haben mir von wiederholten Übergriffen auf Schwule in der letzten Zeit erzählt", schildert Finke erste Gespräche mit Anliegern nach dem Überfall. Häufig verzichteten die Betroffenen jedoch auf eine Anzeige.
Kurz vor dem Übergriff am Mittwochmorgen sei eine Mitarbeiterin ihres Verbandes angepöbelt und deren Auto demoliert worden, berichtete zudem Katharina Doumler vom LSVD. Ein Zusammenhang zwischen den beiden Taten ist bisher nicht erkennbar.
Thomas Birk, Lesben- und schwulenpolitischer Sprecher der Grünen, sieht durch die Vorfälle die Notwendigkeit eines Aktionsplanes gegen Homophobie verdeutlicht. "Wir werden das Thema nicht in Vergessenheit geraten lassen", bekräftigte Birk. Die Grünen fordern unter anderem regelmäßige Onlinebefragungen von Schwulen, Lesben und Transgender zu deren Gewalterfahrungen, mehr finanzielle Mittel für Präventionsarbeit und Opferbetreuung sowie die stärkere Thematisierung unterschiedlicher sexueller Orientierungen in Kindertagesstätten und Schulen.
Derweil haben Maneo und der LSVD für Samstag zu einer gemeinsamen Mahnwache am Tatort nahe dem Nollendorfplatz aufgerufen. Ab 12 Uhr soll auf die Dringlichkeit des Problems homophober Gewalt in Berlin hingewiesen werden. Mögliche Zeugen des Überfalls bitten Maneo und LSVD, sich an die Polizei oder das Maneo-Überfalltelefon (2 16 33 36) zu wenden.
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