Omikron kommt – aber bloß keine Panik

Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) stimmt die Bundesrepublik mit einer Mischung aus Warnung, Empfehlung und Zuversicht auf die Omikron-Welle ein

Ganz die Buddies: Gesundheitsminister Lauterbach (links) und RKI-Präsident Lothar Wieler am Mittwoch Foto: Fo­to:­ Kay Nietfeld/dpa

Von Jasmin Kalarickal

Es dauert nicht lang, bis der neue Gesundheitsminister ausspricht, was niemand gern hören will. Trotz aller positiven Entwicklungen müsse man davon ausgehen, „dass sich die Omikron-Welle in Deutschland nicht mehr verhindern lässt“, sagt Karl Lauterbach am Mittwoch in Berlin. Denn die neue Variante verbreitet sich schnell und umgeht vermehrt den Impfschutz.

Um sich darauf vorzubereiten, sollen nun die verschärften Regeln gelten, die am Tag zuvor von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen wurden (siehe unten). Spätestens ab dem 28. Dezember sollen Clubs dichtmachen und auch für Geimpfte wieder strenge Kontaktbeschränkungen gelten. Der „wichtigste Baustein“ sei die offensive Boosterimpfung, so Lauterbach. Mit einer Auffrischung sei man zu 70 bis 80 Prozent vor einer symptomatischen Infektion geschützt. Bei über 90 Prozent liege der Schutz vor einem schweren Covid-19-Verlauf.

Auch über den Jahreswechsel und an Feiertagen soll weiter geimpft werden. Damit das attraktiver wird, sollen vom 24. Dezember bis 9. Januar Impfungen mit Sonn- und Feiertagszuschlag vergütet werden. Ärzt:in­­nen bekommen dann 36 statt 28 Euro pro Impfung.

Mit Impfen und Boostern könne die Ausbreitung des Virus „dramatisch“ entschleunigt werden, so Lauterbach, der bemüht ist, keine Panik zu verbreiten. „Zuversichtlich“ sei er, dass die befürchtete drastische Entwicklung der Welle abgewendet werden könne. Krankenhäuser, Polizei und andere Bereiche der kritischen Infrastruktur arbeiten derzeit an Notfallplänen, um eine Grundversorgung sicherzustellen, falls es mit Omikron zu vielen Arbeitsausfällen kommt.

Versöhnliche Töne schlägt Lauterbach auch gegenüber denen an, die sich bislang nicht haben impfen lassen. Er habe vier Millionen Dosen des neu zugelassenen Proteinimpfstoffs von Novavax bestellt – für alle jene, die Vorbehalte gegenüber den bisherigen mRNA-Impfstoffen haben. Dann rief er dazu auf, Weihnachten im kleinen Kreis zu feiern und sich vorher zu testen. RKI-Chef Lothar Wieler, der in der Pressekonferenz neben Lauterbach sitzt, bekräftigt das: „Das Weihnachtsfest soll nicht der Funke sein, der das Omikron-Feuer entfacht.“ Von dicker Luft zwischen Lauterbach und Wieler ist nichts zu merken. Dabei hatte es zuletzt etwas Knatsch gegeben.

„Ob ich zufrieden bin, ist völlig irrelevant“

Lothar Wieler, RKI-Chef

Denn während Wieler am Dienstag schon vor der Bund-Länder-Runde mit einem Strategiepapier vorgeprescht war und sofortige harte Kontaktbeschränkungen gefordert hatte, hatte Kanzler Olaf Scholz am Abend in besonders einschläfernder Weise die neuen Beschlüsse verkündet, die aber längst nicht so weit reichen. Lauterbach hatte im Anschluss das Vorpreschen des RKI kritisiert: der Vorgang sei „nicht abgestimmt“ gewesen. „Wissenschaftliche Zensur“ allerdings solle es auch nicht geben.

Auf diesen Konflikt angesprochen, halten sich beide zurück. Wieler lobt die von Bund und Ländern beschlossenen Maßnahmen als „sehr, sehr gut“. „Es sind stringente Maßnahmen, die werden das Infektionsgeschehen verlangsamen“, sagt er. Ob er sie für ausreichend hält, will er nicht verraten: „Ob ich zufrieden oder unzufrieden bin, ist völlig irrelevant.“

Auch von anderer Seite hatte es Kritik gegeben. „Bis vor Kurzem war mir nicht bekannt, dass das Virus unsere Weihnachtsfeiertage verinnerlicht hat“, bemängelte etwa Linken-Frak­tionschef Dietmar Bartsch. Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, zeigte sich skeptisch, ob die Beschränkungen ausreichen, „um eine Überlastung der Krankenhäuser zu vermeiden“.