Laufzeiten-Klausur am Sonntag: Regierung entscheidet über Akws
Merkel bittet zur Kabinettsklausur: Am Sonntag will die Regierung bestimmen, wie lange die Akws noch laufen dürfen. Derweil fordert ein FDP-Lanesminister mehr Sicherheit.
Am Sonntag soll die Sache nun geklärt werden: Kanzlerin Angela Merkel hat die beteiligten Ministerien sowie die Parteispitzen ins Kanzleramt geladen, um die Frage der Laufzeiten für die Atomreaktoren zu entscheiden. Die Eile ist nicht verwunderlich: In dreieinhalb Wochen will die Regierung ihr Energiekonzept für die Zukunft präsentieren, und weil Energiewirtschaft ein sehr komplexes System ist, können andere politische Entscheidungen in dieses Konzept erst einfließen, wenn die Atomfrage geklärt ist.
Die Eile begrüßen dürften auch die Atomkraftgegner, die ihre Anhängerschaft aufgerufen haben, am Sonntag vor das Kanzleramt zu ziehen. Seit Veröffentlichung der Energieszenarien ist kein Tag vergangen, an dem interessierte Kreise nicht für sie vorteilhafte Informationen streuten. Am Freitag etwa hatte das Handelsblatt berichtet, dass Bundespräsident Christian Wulff ein juristisches Gutachten vorliege, nach dem eine Laufzeitverlängerung von mehr als neun Jahren ohne Zustimmung des Bundesrates nicht machbar sei. Bedeutet: Die zehn bis 15 Jahre, die Angela Merkel für "wünschenswert" erachtet, hätten keine Chance, seit die SPD in Nordrhein-Westfalen regiert.
Am Freitag allerdings dementierte das Bundespräsidialamt die Existenz eines solchen Gutachtens. Der Bundespräsident werde entsprechend ständiger Praxis die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens prüfen.
Gezielte Informationen streute am Freitag auch Schleswig-Holsteins Justizminister Emil Schmalfuß (parteilos). Das Bundesumweltministerium hatte in dieser Woche mit den fünf Atomländern - Reaktoren stehen außerdem in Hessen, Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg - beraten, wie die Nachrüstpflicht für Anlagenbetreiber gegen Flugzeugabstürze zu gestalten sei. "Es ist erfreulich, dass in der Diskussion die Sicherheitsfragen wieder mehr in den Blickpunkt geraten", sagte der für Atomaufsicht zuständige Schmalfuß in Kiel. "Besonders die Ertüchtigung der Reaktoren gegenüber terroristischen Bedrohungen ist überfällig."
Dazu muss man wissen, dass die anderen vier Länder eine Frist für die Nachrüstpflicht von zehn Jahren für vertretbar halten, was für Schleswig-Holstein inakzeptabel ist. Die Norddeutschen wollen ihre drei AKWs schon nach fünf Jahren gegen Anschläge à la 11. September 2001 gesichert sehen.
Greenpeace hatte berechnet, was bei einer Laufzeitverlängerung von zehn Jahren zusätzlich an Atommüll entsteht. Auch dieses Ergebnis wurde am Freitag nicht zufällig veröffentlicht: Statt den nach einem Atomausstieg noch anfallenden 2.000 Tonnen würden es dann 6.000 Tonnen. Dies entspreche etwa 650 Atommülltransporten mit Castor-Behältern.
Am Sonntag soll sich also der Pulverdampf legen. Zudem lassen die Antiatomaktivisten eine "radioaktive Wolke" aus 2.000 schwarz-gelben Ballons aufsteigen. Eine Merkel-Puppe in Schutzkleidung soll vergeblich versuchen, die Ballons wieder einzufangen. Aber da werden bereits weitere Löcher des Energiekonzeptes gestopft worden sein. So will die Regierung ab 2013 drei Viertel der Einnahmen aus dem Emissionshandel in die Verbesserung der Energieeffizienz stecken: etwa drei Milliarden Euro.
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