Laschets erste Rede als CDU-Parteichef: Plötzlich Merz-Fan
Laschet spielt auf dem Parteitag in Baden-Württemberg die Rolle des Wirtschaftsliberalen, als wollte er sagen: Seht her, ich bin wie Merz, nur netter.
D ie erste Rede von Armin Laschet als CDU-Vorsitzender offenbart die ganze Misere eines Parteichefs, der das Friedrich-Merz-Lager beschwichtigen will. Er glaubt, um jeden Preis sein Image als Merkels Schoßhündchen und Schwarz-Grün-Fan abschütteln zu müssen. Er fühlt sich unter Druck, den harten Hund rauszukehren, der Rot-Rot-Grün als Scheckgespenst malt. Einen Moment lang musste man befürchten, er zieht gleich eine rote Socke aus der Jackentasche.
Gänzlich absurd aber wurde es, als Laschet sich als „Merz-Fan“ outete, der es unheimlich wichtig findet, dass der gescheiterte Mitkonkurrent dabei bleibt, möglichst prominent natürlich. Wer soll das glauben? Es ist gerade mal eine Woche her, dass Laschet Merz als Polarisierer darstellte, dem der Teamgeist abgehe und der sich wie ein CEO aufführe. Die plötzliche Bewunderung wirkt anbiedernd und offenbart seine Schwäche, vielleicht sogar seine Angst.
Man fühlt sich unweigerlich an Martin Schulz erinnert, der als SPD-Kanzlerkandidat auch eine Rolle spielte, die er nicht konnte – statt als Europapolitiker anzutreten, der er nun mal ist. Laschet spielte am Samstag die Rolle des Wirtschaftsliberalen, als wollte er sagen: Seht her, ich bin wie Merz, nur netter. Laschet wirkt beim Versuch, den Merz in sich zu zeigen, so überzeugend wie ein Pudel, der als Kampfhund durchgehen will.
CSU-Chef und möglicher Kanzlerkandidat Markus Söder hat einmal gesagt, er sehe die Grünen bei den nächsten Bundestagswahlen als Hauptgegner an (und nicht die SPD). Gleichzeitig hat er grüne Programmatik übernommen. Man muss Söder als Politiker nicht mögen, um das schlau zu finden. Laschet hingegen ist so damit beschäftigt, Merz-Fan zu sein, dass eine Strategie nicht zu erkennen ist.
Wer Kanzlerkandidat wird, entscheidet sich erst nach den Landtagswahlen im März. Merz wäre der Lieblingsgegner der Linken gewesen. Doch ein Laschet, der vor lauter parteiinterner Integration herummeandert und so keinen von irgendwas überzeugt, ist auch kein schlechter Gegner im Kampf ums Kanzleramt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren