Landtagswahlen in der Coronakrise: Thüringen-Wahl erst im Herbst
Wegen steigender Coronazahlen werden die Landtagswahlen in Thüringen auf den 26. September verschoben – eine Herausforderung für die Regierung.
Leipzig taz | Die Entscheidung schien alternativlos: Steigende Coronazahlen, Inzidenzwerte an der bundesdeutschen Spitze und verschärfte Lockdown-Regelungen verhindern die für den 25. April geplante Landtagswahl in Thüringen. Am Donnerstag beschlossen die Vorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen sowie die Parteichefs von Linken, SPD, Grünen und CDU bei einem Treffen, die Landtagswahl auf den 26. September zu verschieben. Am 26. September findet außerdem bereits die Bundestagwahl statt.
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Die Linken-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow, deren Partei den Anstoß für das Treffen gab, hatte schon nachmittags gegenüber der taz bestätigt: „Klar ist, dass die Wahl verschoben wird.“ Unklar war zu diesem Zeitpunkt aber noch die konkrete Ausgestaltung.
Die Neuterminierung des Wahldatums stellt Thüringen mitten in der Coronakrise vor die nächste politische Herausforderung. Die Fraktionen müssen eine Regierung stabil halten, deren temporäre Duldung eigentlich schon abgelaufen ist.
Denn die politische Situation ist seit der überraschenden Kurzzeit-Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten im vergangenen Februar wackelig. Die Wahl stürzte Thüringen in eine Regierungskrise, bereits nach vier Wochen trat Kemmerich auf Druck von außen wieder zurück. Der Kompromiss: Rot-Rot-Grün durfte als Minderheitsregierung mit Bodo Ramelow (Linke) an der Spitze als Ministerpräsident weiterregieren – mit Unterstützung der CDU, um Mehrheiten bilden zu können.
Nach dem Dammbruch
Zum von der politischen Liaison vereinbarten sogenannten Stabilitätsmechanismus gehörte jedoch auch die Einigung darauf, dass die Beteiligten nach der Verabschiedung des Haushalts im Dezember einer Auflösung des Landtages zustimmen und somit den Weg für die außerordentliche Landtagswahl am 25. April freimachen.
Ministerpräsident Ramelow hatte sich bereits vor einigen Tagen skeptisch geäußert, ob der Wahltermin gehalten werden kann. Auch die Grünen-Fraktion sprach sich zuletzt für eine Verschiebung aus.
Innenminister Georg Maier (SPD) sagte gegenüber der taz, es falle der SPD „besonders schwer“, vom 25. April abzurücken. „Der Dammbruch wiegt einfach zu schwer“, so Maier. „Schließlich ist es das gleiche Parlament, das am 5. Februar diesen Tabubruch vollzogen hat.“
Zuvor hatten die Koalitionsfraktionen versucht, ein Wahlgesetz hin zu einer reinen Briefwahl auf den Weg zu bringen. Dies stieß jedoch auf massiven Widerstand. Maier sagt, er glaube dennoch, dass die Regierung bis zu einem neuen Wahltermin stabil bleiben werde.
Wenn es nach der CDU gegangen wäre, hätten die Wahlen auch trotz der hohen Coronazahlen im April stattfinden könne. Die Partei werde nicht diejenige seien, die die Vereinbarung vom Frühjahr 2020 in Frage stelle, hatte der Pressesprecher Felix Voigt gegenüber der taz unmittelbar vor dem Fraktionstreffen am Donnerstag gesagt.
Leser*innenkommentare
Aymen
Warum verschieben, warum keine Briefwahl. Ich sehe das kritisch. Angst vor dem Wähler?
Phili
@Aymen Ich stimme zu, auch ich finde die Verschiebung der Wahl bedenklich. Das Wahlrecht ist kein Gnadenrecht für den Bürger, sondern elementar für die Legitimation des Parlaments und damit auch der Regierung. Ich unterstelle den Parteien in Thüringen keine bösen Absichten dahinter, aber man schafft damit einen gefährlichen Präzedenzfall. Andere Parlamente könnten Krisen als Anlass zur Wahlverschiebung nutzen. Und Krisen können keine Entschuldigung für die Verschiebung einer Wahl sein. Im Gegenteil, gerade in der Krise ist es umso wichtiger wählen zu können.
Und es gäbe durchaus andere Möglichkeiten. Angefangen von der automatischen Zusendung von Briefwahlunterlagen sowie der Möglichkeit einer Stimmabgabe deutlich vor dem Wahltag, z.B. 60 Tage vorher, Aufstellen von Wahlbriefkästen statt Wählen im Wahllokal etc. Das sollte auch JETZT breit im Bundestag diskutiert werden, denn was wäre wenn im September die Fallzahlen immer noch hoch wären? Wird dann die Bundestagswahl verschoben? Wie könnte die Wahl sicher durchgeführt werden?
Wenn das erst kurz vor der Wahl thematisiert wird, gib es wieder Kurzschlussaktionen und überhitzte Debatten, die vermutlich zu keiner guten Lösung führen.
Das Parlament und die Regierung haben schon im letzten Sommer mit Blick auf die Herbstwelle viele Dinge versäumt, das sollte nicht nochmal passieren.
tsitra
Ist Herr Ramelow egoistisch und technisch wenig versiert?
Auf dem Foto trägt Herr Ramelow eine Maske mit einem Ausatem-Ventil und sie
ist falsch am Kopf befestigt.
kick
@tsitra Genau!
05838 (Profil gelöscht)
Gast
Die Situation wird nach der Wahlwiederholung keine andere sein wiw bisher. Es wird nur drei rechnerische Optionen geben.
CDU-AfD
CDU-Linke
AfD-Linke
Lucanus
1. Kemmerich trat nicht erst nach 4 Wochen zurück, sondern schon nach wenigen (4?) Tagen.
2. Die Minderheitsregierung agiert nicht mit Unterstützung, sondern nur unter Duldung der CDU - ein kleiner aber feiner Unterschied.
derSchreiber
@Lucanus Stimmt so nicht ganz.
Er erklärte zwar nach wenigen Tagen, er würde zurücktreten, tat es aber erst nach 4 Wochen.
TheDigit
@Lucanus zu 1.: darüber bin ich auch gestolpert, tatsächlich hat er sogar drei Tage nach der Wahl seinen sofortigen Rücktritt erklärt, im Amt war er aber trotzdem insgesamt 27 Tage, nach dem Rücktritt nur noch "geschäftsführend".
Das kann man als "vier Wochen" durchgehen lassen, mindestens unglücklich formuliert ist es aber trotzdem.
92293 (Profil gelöscht)
Gast
Na siehste aufgrund anderer Begebenheiten die AfD ins Leere laufen lassen, ja bitte laßt das doch klappen