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Landtagswahl in NiedersachsenWahlsieger ist die SPD

Die niedersächsische SPD hat die CDU überrundet. Sie ist jetzt stärkste Partei. Noch unklar ist, ob es für eine rot-grüne Landesregierung reicht.

Jubel bei der SPD am Wahlabend, darunter die Landtagsabgeordnete Doris Schröder-Köpf Foto: dpa

Berlin taz | Geht doch: Nach vier verlorenen Wahlen in diesem Jahr ist die SPD bei der Landtagswahl am Sonntag in Niedersachsen der ersten Hochrechnung zufolge stärkste Partei geworden. Die Sozialdemokraten des amtierenden Ministerpräsidenten Stephan Weil erreichten etwa 37 Prozent der Wähler. Sie liegen damit leicht vor der CDU von Herausforderer Bernd Althusmann, die der Hochrechnung zufolge 35 Prozent erreichte. Auch FDP, Grüne und AfD werden wohl im neuen Landtag vertreten sein. Die Linkspartei ist laut ersten Zahlen erneut nicht im Landtag vertreten.

„Das ist ein großer Abend für die niedersächsische SPD“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in einer ersten Reaktion. Er kann sich seine künftigen Partner damit unter CDU, FDP und Grünen aussuchen. Zuletzt zeigte sich Weil offen für eine Ampelkoalition mit FDP und Grünen, er lobte die herausfordernde Opposition der FDP. Allerdings hat der niedersächsische FDP-Chef Stefan Birkner einer Koalition mit Sozialdemokraten und Grünen eine Absage erteilt. Für eine Fortsetzung der bisherigen rot-grünen Koalition reicht es wohl nicht. Grünen-Spitzenkandidatin Anja Piel hatte im Vorfeld klargemacht, dass sie gern mit der SPD weiterregieren würde.

Eine Große Koalition wäre rechnerisch ebenfalls möglich, doch ist das Verhältnis zwischen SPD und CDU angespannt. Hatte doch Weil der CDU angelastet, dass sie die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten in die eigene Fraktion geholt hatte. Infolgedessen war seine mit knapper Mehrheit regierende rot-grüne Regierung geplatzt. Das war im August, danach kündigte Weil Neuwahlen an, 14 Monate eher als turnusmäßig geplant.

Für die SPD erweist sich die Episode im Nachhinein sogar als glückliche Fügung. Geht sie doch gestärkt daraus hervor. Im Vergleich zu 2013, als 32,6 Prozent der Wähler für die Sozialdemokraten stimmten, kann sie leicht zulegen. Die Christdemokraten jedoch, die vor vier Jahren noch mit 36 Prozent stärkste Partei wurden, aber damals keine mehrheitsfähigen Partner fanden, haben sich wohl verkalkuliert. Allerdings gab Althusmann seine Ambitionen auf den Ministerpräsidentensessel am Wahlabend noch nicht auf. „Auch wir haben einen Gestaltungsauftrag“, sagte Althusmann kurz nach 18 Uhr. Man sei zweitstärkste Partei geworden und habe entgegen dem Bundestrend zugelegt. Eine niedersächsische Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen hätte im Landtag theoretisch ebenfalls eine Mehrheit.

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Die stärksten Verluste aber müssen wohl die Grünen verkraften, die von 13,7 auf 8 Prozent schrumpften. Die FDP muss ebenfalls leichte Verluste hinnehmen, sie erreichte vor vier Jahren noch 9,9 Prozent und landet nun bei etwa 7,5 Prozent.

Neu im Landtag vertreten ist wohl die Alternative für Deutschland. Der Prognose zufolge haben die Rechtspopulisten, die erstmals bei der Landtagswahl antraten, den Einzug mit 5,5 Prozent knapp geschafft. Für die Regierungsbildung dürfte das keine Rolle spielen. Keine Partei fühlt sich der heillos zerstrittenen Partei nahe genug.

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Für die Linkspartei ist das Ergebnis trotz leichter Zuwächse (3,1 Prozent im Jahr 2013) ein Dämpfer. Bei den Bundestagswahlen nahmen sie in Niedersachsen immerhin die 5-Prozent-Hürde und machten sich Hoffnungen, das dies auch bei den Landtagswahlen gelingen würde. Laut der Prognose kam sie jedoch lediglich auf 4,5 Prozent.

Wichtigstes Thema im Wahlkampf war die Bildungspolitik. Es fehlen Tausende Lehrer, Stunden fallen aus. „Schulchaos beenden“, forderte die CDU im Wahlkampf. Da mit Spitzenkandidat Bernd Althusmann jedoch ein ehemaliger Kultusminister in den Wahlkampf zog, der von 2009 bis 2013 als oberster Dienstherr für die Lehrer des Landes fungierte, war eine ungebremste Attacke auf die rot-grüne Bildungspolitik kein unumstrittenes Erfolgsrezept. Die Ursachen für die Probleme an den Schulen fallen nämlich teilweise auch in seine Amtszeit, das unter Althusmann eingeführte achtjährige Gymnasium hatte die rot-grüne Regierung wieder rückgängig gemacht und damit viel Erregungspotenzial abgebaut.

Dennoch schien es für Stephan Weil anfangs nicht gut zu laufen. Der Ministerpräsident stand im Zuge der Abgas-Affäre in der Kritik, ihm wurde vorgeworfen, eine Regierungserklärung mit VW abgesprochen zu haben. Parallel dazu scheiterte seine Regierung.

Auch für die Bundes-SPD ist der Wahlsieg Weils ein Hoffnungsschimmer. Die Sozialdemokraten haben nach dem Verlust der Flächenländer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein im Mai die Stellung in Niedersachsen nicht nur gehalten, sondern sind erstmals seit 1998 wieder die Wahlgewinner hier.

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