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Landtagswahl in Bremen​Mit dem Tandem auf Platz zwei

In Bremen wird am Sonntag gewählt. Die CDU schickt ein Duo aus einem Landwirt und einer Klimaaktivistin ins Rennen. In Umfragen liegt die SPD vorn.

Parteistrategen inszenieren Imhoff als pragmatischen Landwirt und Winter als urbane Klimapolitikerin Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Berlin taz | Wiebke Winter hat an diesem Donnerstag Ende April eine nicht ganz leichte Aufgabe. Auf dem Zukunftskongress der CDU soll sie dem Publikum ausgerechnet ein Lastenfahrrad schmackhaft machen. Winter trägt T-Shirt und Sneaker zum modernen dunkelgrünen Hosenanzug, auf der Bühne im Berliner Tempodrom preist sie tapfer den Moover an, ein Rad speziell für Paketlieferant*innen.

„Ich bin überzeugt, wenn Sie den Moover gesehen haben“, sagt sie in ihr Headset, „dann werden Sie sagen, Lastenfahrräder sind nicht nur was für den Prenzlauer Berg oder Menschen, die aus Hafermilch gemachten Latte macchiato trinken, sondern es ist eine Neuheit für uns alle.“ Das mag nach billigem Klischee klingen, aber irgendwie muss man die Christ­de­mo­kra­t*in­nen im Saal ja kriegen.

Die Firma Rytle, die den Moover entwickelt hat, ist eines von sechs Start-ups, die die CDU zum Pitch geladen hat. Winter ist die Patin des Unternehmens. Die promovierte Juristin ist 27 Jahre alt, Chefin der Jungen Union in Bremen und jüngstes Mitglied im CDU-Bundesvorstand. Außerdem hat sie die Klimaunion mitgegründet, einen Verein, der die CDU beim Thema Klimapolitik voranbringen will – und den ein Teil der Partei durchaus kritisch sieht. Winter, die im Bremer Norden aufgewachsen ist und 2021 mit einer Bundestagskandidatur scheiterte, kennt sich also mit Herausforderungen aus.

Eine solche steht ihr am Sonntag auch in Bremen bevor. Dann wird in dem kleinen Stadtstaat eine neue Bürgerschaft gewählt und Winter soll der CDU zum Sieg verhelfen. Deshalb steht sie auf Listenplatz zwei der CDU und tritt medienwirksam mit Spitzenkandidat Frank Imhoff als „Das Tandem für Bremen“ an. Auf dem Tandem allerdings sitzt Winter hinten.

Unklar, was bei einem Wahlsieg aus Winter wird

Sollte der CDU tatsächlich der Einzug ins Bremer Rathaus gelingen, wird Imhoff Bürgermeister. Was aus Winter dann wird, ist offen – oder zumindest öffentlich nicht bekannt. Aber das Ganze würde ohnehin an ein Wunder grenzen. Die CDU hat in Bremen noch nie den Bürgermeister gestellt.

Vor vier Jahren aber war sie nah dran. Erstmals in der Bremer Geschichte hat sie es 2019 geschafft, bei der Bürgerschaftswahl auf Platz eins zu liegen, bislang hatte die SPD eine Art Abo darauf. Angetreten waren die Christ­de­mo­kra­t*in­nen mit einem Quereinsteiger: dem bis dahin parteilosen IT-Unternehmer Carsten Meyer-Heder.

In die Regierung kam die CDU damals aber trotzdem nicht. Die Grünen-Basis konnte sich eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP schlicht nicht vorstellen. Am Ende wurde SPD-Mann Andreas Bovenschulte Bürgermeister und führt seitdem – erstmals im Westen – eine rot-grün-rote Regierung an, die erstaunlich geräuschlos regiert.

Meyer-Heder erklärte früh, dass er nicht noch einmal antreten wird. Statt auf ihn setzt die Bremer CDU nun auf einen Mix: Spitzenkandidat Frank Imhoff zählt zum bewährten CDU-Landespersonal, hinzu kommt Wiebke Winter, die das Angebot aufpeppen und für andere Wäh­le­r*in­nen­grup­pen attraktiv machen soll.

Inszenierung als zupackendes und modernes Duo

Und in der Tat stehen die beiden für zwei recht unterschiedliche Politiker*innentypen. Imhoff, 54, sitzt bereits seit 24 Jahren im Landtag; als einer der wenigen in der CDU hat er wirklich vom guten Abschneiden seiner Partei 2019 profitiert. Er ist seitdem Präsident der Bürgerschaft – was ihn öffentlich bekannter gemacht hat. Imhoff ist Landwirt, der Familienbetrieb im Stadtteil Strom im Bremer Westen wird inzwischen von seiner Tochter geführt.

Er erzählt aber gern, dass er morgens noch in den Stall zu den 120 Milchkühen geht, weil ihn das erde. Die Parteistrategen inszenieren ihn entsprechend als pragmatischen und bodenständigen Typ, der die Dinge mit gesundem Menschenverstand angeht und zupacken kann. Wiebke Winter dagegen ist für das Junge, Moderne, Urbane zuständig.

Auf einen harten, kontroversen Wahlkampf hat die CDU bislang verzichtet. Imhoff und Winter, die häufig auch gemeinsam auftreten, setzen vor allem auf die Themen Bildung, innere Sicherheit und Verkehr. In Berlin hat das der CDU jüngst geholfen, recht überraschend und deutlich die Wiederholungswahl zu gewinnen.

Umfragen lassen CDU hoffen

Hoffnungen zumindest kann sich nach den letzten Umfragen auch die CDU in Bremen machen. Hier könnte es zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPD kommen, auch wenn diese leicht vorne liegt. Der positive Bundestrend dürfte der CDU nutzen, Parteichef Friedrich Merz war unlängst zum Wahlkampf da, auch die erfolgreichen CDU-Ministerpräsidenten aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, Daniel Günther und Hendrik Wüst.

Bürgermeister Bovenschulte hat eine Koalition mit der CDU nicht ausgeschlossen. Sollte die CDU noch einmal, wie vor vier Jahren, auf Platz eins landen, könnten sich aber auch die Grünen dieses Mal anders entscheiden. Dazu allerdings müsste es erst einmal für Schwarz-Grün reichen. Jamaika dagegen scheint wegen der FDP keine Option zu sein.

Beim Pitch im Berliner Tempodrom ist es für Winter übrigens nicht gut ausgegangen. Bei der Abstimmung im Saal über die beste Start-up-Präsentation schafften es die Firma Rytle und ihr Lastenrad noch nicht einmal unter die ersten drei. Das zumindest wird ihr in Bremen mit der CDU nicht passieren.

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