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Landtagswahl in Baden-Württemberg"Wir spüren eine Menge Wut"

Der CDU-Regierungschef Mappus kann auf die Gewohnheitswähler hoffen, sagt der Politologe Thorsten Faas. Und nur die Grünen werden von der Atomdebatte und dem S21-Streit profitieren.

Themen haben ihre Konjunktur: Auch der Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlossgarten. Bild: dpa
Nadine Michel
Interview von Nadine Michel

taz: Herr Faas, noch nie war es vor einer Landtagswahl in Baden-Württemberg so knapp. Wie stark ist die Wechselstimmung im Ländle?

Thorsten Faas: Man kann eine deutliche Polarisierung feststellen, was bei früheren Wahlen nicht der Fall war. Auch die Person des CDU-Ministerpräsidenten Stefan Mappus polarisiert sehr. In unseren Umfragen ist schon eine Menge Ärger und Wut spürbar, denen die Bürger Luft machen wollen. Und da ist ein Machtwechsel das probateste Mittel. Zudem nimmt man auf der Oppositionsseite die einmalige Chance wahr, an die Regierung zu kommen. Ein Machtwechsel hätte in Baden-Württemberg nach fast 60 Jahren CDU-Regierung noch einmal eine ganz besondere Dimension.

Wie wird sich dieses Kopf-an-Kopf-Rennen auf die Wahlbeteiligung auswirken?

Die Baden-Württemberger waren nie die Wahlfreudigsten. Aber zum einen haben wir schon durch Stuttgart 21 eine starke Polarisierung und Politisierung erlebt, was durch die aktuelle Atomdiskussion nochmals verstärkt wird. Zum anderen haben die Leute bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen eher das Gefühl, dass es um was geht und ihre Stimme Gewicht hat. Das sollte die Wahlbeteiligung erhöhen.

Wird die Atomdebatte Mappus das Amt kosten?

Die Lage in Japan und ihre Folgen für die deutsche Atompolitik dominieren derzeit die politische Agenda. Entscheidend ist, dass diese Themen nicht parteipolitisch neutral sind. Klar ist, dass eine Situation, in der die Menschen unter dem Eindruck der Atompolitik ihre Wahlentscheidung treffen, Union und FDP schadet. Umgekehrt profitieren davon vor allem die Grünen. Historisch ,gehört' ihnen das Thema, hier gelten sie als kompetenteste politische Kraft. Die Folgen zeigen die aktuellen Umfragen.

Bild: privat
Im Interview: 

THORSTEN FASS, 35, ist Juniorprofessor für Politikwissenschaft an der Universität Mannheim. Sein Schwerpunkt liegt auf der Analyse von Wählerverhalten.

Welche Rolle spielt jetzt noch der Bahnhofsstreit?

Ich glaube nicht, dass er noch die Wahl entscheiden wird. Das Thema hat an Bedeutung verloren. Das hat mit der Schlichtung zu tun, zeigt aber auch, dass Themen eine eigene Konjunktur haben, die schwer zu verstetigen ist.

Wird es Wähler geben, die im Herbst noch gegen Stuttgart 21 demonstriert haben, aber doch wieder ihr Kreuzchen bei der CDU machen?

Regierungsparteien legen üblicherweise kurz vor der Wahl noch ein wenig zu, auch weil die Wähler denken: Vieles hat mir zwar nicht gefallen, aber eigentlich bin ich doch alles in allem ganz zufrieden. Ob dieses Muster allerdings bei dieser außergewöhnlichen Lage greift, ist mehr als offen. Richtig ist aber auch, dass es noch ein beachtliches Maß an Unentschlossenheit gibt im Land.

Könnten Erstwähler die Wahl entscheiden? Sie werden politisch damit groß, dass Schwarz-Gelb nicht zwangsläufig gewinnt.

Es hat einen prägenden Effekt, dass in Baden-Württemberg ein Machtwechsel möglich ist. Und gerade die erste Wahl, an der man teilnimmt, kann eine sehr lange Auswirkung haben. Schon das könnte die Opposition als Erfolg verbuchen. Doch gleichzeitig ist die Wahlbeteiligung bei jungen Menschen besonders gering, sodass diese Wählergruppe bei der bevorstehenden Landtagswahl nicht ausschlaggebend sein wird.

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7 Kommentare

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  • MC
    Marie Curie

    Diese Wut ist nicht nur in Baden Würtemmberg spürbar, sondern auch in meinem Bundesland NRW. Mir ist eine CDu lieber, die ohne Getöse aber mit mehr Ehrlichkeit als die SPD einen Wahlkampf macht, tausend mal lieber, als allerübelste Methoden von einer nach aussen sozialen SPD.

  • A
    Alekto

    Die Alb und das Oberland/Allgäu wird wohl trotzdem noch viel CDU wählen... aber auch hier scheint es definitiv zu bröckeln, was ich bis dato nicht für möglich gehalten hätte! Da ist die CDU aber auch selbst schuld. Auch, wer sonst eher reaktionär eingestellt ist, läßt sich nur ungern so offensichtlich verarschen, wie das jetzt geschieht.

  • GI
    grün ist die zukunft

    Wir haben eine wirklich historische Chance auf eine Wende. Denn neben den akuten Themen S21 und AKW hat die CDU endlich auch einen bis in die Provinzen spürbaren Vertrauensverlust durch die Person Mappus erlitten. Den will keiner, den mag keiner. und er hat auch keine solche Hausmacht, wie sie seine Vorgänger hatten.

    In BW gewinnt, wer die Provinz erobert. Und da, glaub ich, kann Kretschmann mit seiner Authentizität und seinem 68er-freien Auftreten sicher besser punkten als alle seine Vorgänger.

    Klar ist: Wer den wechsel will, muss am Sonntag an die Urnen.

  • M
    maxi

    in meinem Bekannten und Freundeskreis sind die Themen:

     

    - Bahnhofsneubau S21 mit dem überzogenen Polizeieinsatz vor der Baumfällaktion

    - EnBW Deal ohne Einbeziehung des Parlamentes und nach datierten Gutachten

    - Wendehals Mappus, vom Atom Lobbyisten zum kurzzeitigen Atom "Aussteiger", dies verwirrt selbst die treusten CDU Wähler

     

    Ich denke in der Region Stuttgart wird die CDU herbe Verluste einfahren, ob dies aber für ganz BW gilt kann ich nicht einschätzen.

  • D
    daweed

    Bei der Diskussion um EnBW fehlt, dass keiner diesen Deal Rückgängig machen will. Nicht das es falsch ist die Energieversorger in öffentliche Verwaltungen zu überführen. Aber wenn dieser Deal von Mappus rechtens ist, wo leben wir dann?

     

    http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/:lbbw-analyse-mappus-droht-wegen-en-bw-kauf-finanzieller-gau/60029811.html

  • W
    Wähler

    Ich war bis zu der kommenden Wahl Stammwähler der CDU.

    Was sich in den letzten Monaten in BW abspielte (S21, Polizeieinsatz, Schlingerkurs in Sachen AKW's, Aktienkauf etc.....), die Selbstherrlichkeit eines S.Mappus veranlassen mich zum Umdenken und Umwählen. Ich wähle keinen Alleinherrscher, ich wünschen Ihn nur weg, einschließlich Rech.

    Allerdings kann ich mir die Schlaftablette der Grünen auch nicht als MP vorstellen, denn es ist nicht eine "Atomwahl" und zaubern kann Kretschmann auch nicht.

  • A
    AtoMappus

    Mappus kann alles ! Sogar Kanzler ! :

    Erst reißender Hetzer für Atomkraftwerke, plötzlich dann auf die Knie fallender Gläubiger, der seine Sünden sah und Besserung gelobte, er ändert die Geschichte einfach um.

    Er gewinnt: die Baden-Württemberger können alles, außer Hochdeutsch und Geschichte.