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Landratswahl in Oder-SpreeDer Vorwahlkampf hat begonnen

Uwe Rada
Kommentar von Uwe Rada

Nur knapp gewann SPD-Kandidat Frank Steffen bei der Wahl gegen den AfD-Kandidaten. Dass die Kreis-CDU keine Empfehlung aussprach, stieß auf Kritik.

Den Ball flach halten. Jan Redmann nach seiner Wahl zum CDU-Landeschef in Brandenburg Foto: picture alliance/dpa | Michael Bahlo

I mmerhin räumte Jan Redmann einen Fehler ein. „Wir alle haben die Stichwahl unterschätzt“, sagte der CDU-Landeschef am Montag nach der Stichwahl. Zuvor war der SPD-Kandidat Frank Steffen mit nur 52,4 Prozent zum Landrat im Kreis Oder-Spree in Brandenburg gewählt worden. Der AfD-Kandidat Rainer Galla war auf 47,6 Prozent gekommen.

Redmanns Eingeständnis betraf die CDU des Landkreises. Ihr Kandidat Sascha Gehm hatte es nach dem ersten Wahlgang am 23. April nicht in die Stichwahl am 14. Mai geschafft. Nach der ersten Wahl lag Galla mit 24,8 Prozent vor Steffen mit 22,5 Prozent und Gehm mit 20,7 Prozent. Während Gehm persönlich daraufhin zur Wahl Steffens aufrief, gab die Kreis-CDU keine Wahlempfehlung ab. Sie forderte lediglich dazu auf, an der Stichwahl teilzunehmen.

Ist die Sache nach dem Eingeständnis des CDU-Landeschefs ausgeräumt? Nicht ganz. Denn längst hat in Brandenburg, wo am 22. September im kommenden Jahr ein neuer Landtag gewählt wird, eine Art Vorwahlkampf begonnen. Die jüngste Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des RBB sieht CDU und AfD mit 23 Prozent gleichauf, dicht gefolgt von der SPD mit 22 Prozent. Es kann also eng werden für die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Dietmar Woidke, die Brandenburg seit der Wende ununterbrochen regieren.

So gesehen, war die Landratswahl in Oder-Spree auch ein Stimmungstest. Zumal in einem Landkreis, der bislang als SPD-Hochburg gilt. Gut möglich, dass die CDU sich ein knappes Ergebnis bei der Stichwahl gewünscht hat. Erst als klar war, wie knapp es am Ende war, ist wohl auch die CDU erschrocken. Denn noch schlimmer als ein deutlicher Wahlsieg für den SPD-Kandidaten wäre auch für die Christdemokraten der erste AfD-Landrat in Deutschland geworden.

Als einen „Weckruf“ hat Landeschef Jan Redmann das knappe Ergebnis in Oder-Spree bezeichnet. Allerdings sagte er auch: „Einfach nur Unterhaken gegen die AfD ist zu wenig, um sie klein zu kriegen.“ Es gebe eine Entfremdung zwischen der Politik und den Menschen vor Ort. „Wir müssen dem Frustrationsverstärker AfD ein pragmatisches, positives Angebot entgegenstellen“, forderte er.

Im Modus des Vorwahlkampfs

Ganz im Modus des Vorwahlkampfs angekommen, warf daraufhin der SPD-Abgeordnete Ludwig Scheetz am Dienstag der CDU eine Verschleierungstaktik vor. „Die CDU versucht offensichtlich, ihre unrühmliche Rolle in Oder-Spree zu verschleiern“, sagte Scheetz nach der Sitzung der SPD-Fraktion. Zu Wahlen müssten sich die Vorstände der Parteien positionieren, meinte er. „Es geht nicht um den Vorwurf der Einheitsfront, der dann von der AfD oft erhoben wird, sondern um die Verteidigung der Demokratie“, betonte Scheetz.

Ebenfalls im Vorwahlkampfmodus konterte Redmann, die SPD versuche auf verschiedenen Ebenen, die CDU hinter die Brandmauer gegen die AfD zu schieben. „Das sind parteitaktische Gründe, die eine Rolle spielen“, meinte er. Dabei werde von der SPD in Kauf genommen, letztlich die AfD zu stärken. Denn diese werde dadurch wieder in ihrer Erzählung bestärkt, es gebe nur die AfD und die Altparteien, meinte Redmann. Diesen Opfermythos der AfD habe man nicht noch unterstützen wollen und deshalb auf andere Formen des Aufrufs für Steffen gesetzt.

Diese Debatte ist freilich eine Scheindebatte. Bei der Wahl im kommenden Herbst wird es, anders als am vergangenen Sonntag in Oder-Spree, keine Stichwahl geben. Und damit auch keine Debatte darüber, wer zur Wahl für wen aufruft. Vielmehr geht es darum, wer das meiste Vertrauen der Wählerinnen und Wähler bekommt und stärkste Partei wird.

SPD und CDU täten deshalb gut daran, den Vorwahlkampf schnellstmöglich zu beenden und sich auf die Arbeit in der Kenia-Koalition zu konzentrieren. Denn die ist erfolgreicher als ihr Ruf. Brandenburg ist kein Verliererland mehr, sondern ein Gewinnerland.

Realer Aufschwung, gefühlte Abgehängtheit

Das gilt auch für den Landkreis Oder-Spree mit Tesla als wirtschaftlichem Zugpferd. Nicht nur dem Speckgürtel, der mehrheitlich für die SPD gestimmt hat, geht es besser denn je, sondern auch vielen Städten und Dörfern, in denen die AfD vorne lag. Es ist fast schon paradox: Dem realen Aufschwung steht in vielen Regionen mehr denn je eine gefühlte Abgehängtheit gegenüber.

Es sind diese Erfolge, auf die SPD, CDU und Grüne setzen können. Warum nicht davon erzählen? Nicht im Sinne von Schönrederei, sondern als Angebot an die Wählerinnen und Wähler, darüber nachzudenken, den Aufschwung mitzugestalten – oder nur Frust abzulassen und sich anschließend in die Schmollecke zurückzuziehen.

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Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
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