Landesmitgliederversammlung der Grünen: Bücking wird nie Bausenator

Der grüne Ex-Ortsamtsleiter Robert Bücking bleibt auf der Strecke und den Campus Ohlenhof wollen die Grünen irgendwie doch noch retten.

Joachim Lohse und die grünen Landesmitglieder verfolgen Robert Bückings Bewerbungsrede Foto: Schirrmeister

BREMEN taz | Mit triumphalen Ergebnissen für Umweltsenator Joachim Lohse und Sozialsenatorin Anja Stahmann und einem Dämpfer für Finanzsenatorin Karoline Linnert hat die Landesmitgliederversammlung der Grünen am Samstagnachmittag die SenatskandidatInnen des Landesvorstands bestätigt.

Zuvor hatte sie ohne Gegenstimmen das Projekt „Campus Ohlenhof“ entgegen der Erklärung im Koalitionsvertrag auf Wiedervorlage gesetzt: Das rot-grüne Vertragswerk für die neue Legislatur hatte das seit vier Jahren mit breiter Bürgerbeteiligung in Gröpelingen geplante Schulneubauprojekt im Kapitel Finanzen lapidar beerdigt: „Der neue Campus der Schule Ohlenhof wird nicht gebaut“, steht da. Die für das auch städtebaulich relevante Projekt vorgesehenen Bundesmittel würden „komplementiert“, heißt es weiter.

Nachts überrumpelt

Tatsächlich sei man in dieser Frage „in der letzten Nacht der Verhandlungen, als es ums Thema Finanzen ging“ überrumpelt worden, räumte Landesvorsitzende Henrike Müller ein. „Wir waren nicht im Bilde über die Auswirkungen der Entscheidung.“ Das Nein zum Campus bedeutet auch das Ende der Oberschule Ohlenhof selbst. Dabei fehlen im Bremer Westen Schulplätze.

193 gültige Stimmen wurden bei der Wahl der grünen SenatskandidatInnnen abgegeben.

38 Stimmen oder 19,7 Prozent errang Robert Bücking in der Kampfkandidatur gegen Joachim Lohhse, der mit 151 Ja-Stimmen 78,2 Prozent, erhielt.

Für Karoline Linnert als Finanzsenatorin votierten 146 Grüne, das sind 75,6 Prozent.

Satte 94,8 Prozent, also 183 Stimmen, bekam Anja Stahmann, Sozialsenatorin.

Den Koalitionsvertrag deshalb nicht unterzeichnen war keine Option: Zu froh ist man übers darin fixierte Nein zur Unterweservertiefung und den der SPD abgerungenen Verzicht auf die Feldmarkbebauung in Osterholz: „All‘ das wäre in einer großen Koalition gekommen“, stellte die neue Fraktionsvorsitzende Maike Schaefer klar, und dass es wichtig ist, mitzuregieren. Mit Blick auf den Westen wurde daher beschlossen, dem Senat „bis Herbst diesen Jahres ein Entwicklungskonzept zur Stärkung des Bildungsstandorts Gröpelingen“ abzuverlangen – und dabei die für erledigt erklärten „bisherigen Überlegungen für den Campus Ohlenhof einzubeziehen“. Der Koalitionsvertrag bekam eine Zustimmung von 85,4 Prozent.

Ein Wert, von dem Spitzenkandidatin Karoline Linnert derzeit nur träumen kann: Sie erhielt mit 75,6 Prozent ein schwächeres Resultat als Joachim Lohse, der sich, anders als sie, einem Gegenkandidaten hatte stellen müssen: Robert Bücking, bis vor kurzem Ortsamtsleiter in Mitte Östliche Vorstadt, hatte moniert, dass die Grünen für einen Neuanfang auch neues Personal im Senat bräuchten – nämlich ihn.

Während Amtsinhaber Lohse mit einer unerwartet kämpferischen, zugleich sehr projektbezogenen Rede überraschte, gelang es Bücking in seiner zehnminütigen ersten Bewerbungsansprache nicht, zu klären, was er als Senator zu tun vorhätte. Also welche Impulse und welche Themen er dadurch setzen würde, außer eben Senator zu sein.

„Über Inhalte“, brachte es die bisherige Abgeordnete Linda Neddermann erfrischend deutlich auf den Punkt, „habe ich nichts gehört in deiner Rede.“ Die personelle Erneuerung der Grünen aber könne er nach 20 Jahren als Ortsamtsleiter nicht glaubwürdig verkörpern. Dafür stehe doch wohl eher der jetzige Amtsinhaber Lohse, der vor vier Jahren nach Bremen geholt wurde.

Grenzen des Ich

Noch schärfer war die Absage vom Elder Statesman Hermann Kuhn: „Es geht nicht ohne Ego in der Politik“, räumte der zwar ein – machte aber klar, dass es auch etwas jenseits davon geben müsse. „Du denkst und redest zu viel über dich.“

Nach seiner zweiten, völlig entgleisenden Rede waren 38 Ja-Stimmen für Bücking fast noch schmeichelhaft: Während Lohse versuchte, auf die Kritiker des Offshore-Terminals einzugehen, belehrte Bücking die Versammlung im Stile eines US-Fernsehpredigers, dass sie falsch liege. Er habe nicht über sich gesprochen.

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