Landesjugendamt und Haasenburg GmbH: Erziehen und Knochen brechen
Das Landesjugendamt Brandenburg interessierte sich nur oberflächlich für die Erziehungsmethoden in einem Heim der Haasenburg GmbH.
BERLIN taz | Das brandenburgische Landesjugendamt hat sich über die sogenannten Antiaggressionsmaßnahmen in den Kinderheimen der Haasenburg GmbH nur oberflächlich informieren lassen.
Nach Aussagen des zuständigen Bildungsministeriums erhalte das Landesjugendamt „keine Protokolle über Antiaggressionsmaßnahmen“, sondern nur „Vorkommnismeldungen“. Diese enthielten den „Anlass und die getroffenen Maßnahmen“. Seit 2010 würde das Amt mit der Haasenburg GmbH die Maßnahmen einmal jährlich auswerten, heißt es aus dem Ministerium.
Die vollständigen Protokolle selbst würden nicht beim Amt aufbewahrt, sondern lediglich die Meldungen. Über die Anzahl der Meldungen würden „keine Statistiken“ geführt, so Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Mit den „Antiaggressionsmaßnahmen“ versucht das Unternehmen, Kinder körperlich zu erziehen. Dabei kam es auch zu Knochenfrakturen.
Unterdessen hat sich Rainer Kröger, Vorstand des Diakonieverbund Schweicheln e. V., in einem Brief an Kollegen „entsetzt“ über den Bericht der taz am Wochenende über Misshandlungen in einem Haasenburg-Kinderheim in Brandenburg geäußert.
Es sei „beschämend“
Kröger saß auch am runden Tisch, der die Heimerziehung der 50er und 60 Jahre in Deutschland aufgearbeitet hatte. Kröger schreibt, es sei „beschämend, dass es im Bereich der stationären Betreuung von Kindern und Jugendlichen solche Praxis gibt“. Es sei nötig, „unverantwortliche Pädagogik beim Namen zu nennen und das Schweigen zu durchbrechen“.
Nach dem Rücktritt von Michael Lindenberg, der als designierter Vorsitzender für Hamburg einer Aufsichtskommission für geschlossene Heime vorstehen sollte, ist die Hamburger Sozialbehörde weiter bestrebt, eine Kommission einzusetzen.
„An dem Vorhaben hat sich nichts geändert“, schreibt Nicole Serocka, Referatsleiterin für Öffentlichkeitsarbeit. Lindenberg sagte, eine solche Kommission sei „bestenfalls von Alibinutzen für die Einrichtung selbst, aber kaum für die dort Untergebrachten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rassismus der CDU
Merz will Doppelstaatler ausbürgern
Dreikönigstreffen der FDP
Lindner schmeißt sich an die Union ran
Regierung in Österreich
Warnsignal für Deutschland
Neunzig Prozent E-Autos bei Neuwagen
Taugt Norwegen als Vorbild?
Religionsunterricht
Deutschlands heilige Kuh
Merz’ neueste Abschiebeforderungen
Kein Ausrutscher