: Land in Sicht
Im Beluga-Prozess vor dem Bremer Landgericht ist die Beweisaufnahme abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre und sechs Monate Haft für Exreeder Stolberg
Von Karolina Meyer-Schilf
Noch im Juli 2017 stand das Angebot im Raum, eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten zu akzeptieren. Der wegen Untreue, Betrug, Kreditbetrug und Bilanzfälschung angeklagte Exreeder Niels Stolberg hatte das damals abgelehnt und auf ein milderes Urteil gehofft.
Nun forderte die Staatsanwaltschaft in dem mittlerweile über zwei Jahre dauernden Prozess gegen Stolberg und drei frühere Mitarbeiter vier Jahre und sechs Monate Haft für den Unternehmer. Seine trotz Geständnis „fehlende Unrechtseinsicht“ sei im Verlauf des Verfahrens immer deutlicher geworden, sagte Staatsanwältin Silke Noltensmeier bei ihrem Plädoyer am gestrigen Donnerstag. Der einem Deal innewohnende Strafrabatt könne Stolberg nun nicht mehr zugute kommen.
Der frühere Kapitän hatte die Bremer Schwergutreederei Beluga Shipping 1995 gegründet und zum Weltmarktführer im Bereich Schwergutschifffahrt ausgebaut. Im Jahr 2009 übernahm die amerikanische Investmentgesellschaft Oaktree Capitals zunächst ein Drittel der Unternehmensanteile der Beluga Group, im Jahr 2011 ging die Reederei in die Insolvenz. „Mindestens seit 2006“, so die Staatsanwaltschaft, habe Stolberg damit begonnen, seine Schiffe mithilfe von Straftaten zu finanzieren.
Bewährungsstrafen zwischen elf und 22 Monaten forderte die Staatsanwältin hingegen für die drei Mitangeklagten, die sich der Beihilfe schuldig gemacht hätten. Strafmildernd habe sich hier die große Kooperationsbereitschaft ausgewirkt und dass alle drei nicht vorbestraft seien.
Das gilt zumindest auch für Stolberg. Ebenfalls strafmildernd solle sich nach Ansicht der Staatsanwaltschaft für ihn auswirken, dass die Taten lange zurückliegen, er in der Vergangenheit großes soziales Engagement gezeigt habe und sein kritischer Gesundheitszustand. Stolberg ist an Krebs erkrankt.
Dass die Forderung der Staatsanwaltschaft dennoch weit über dem zuletzt angebotenen Deal liegt, hat ebenfalls mehrere Gründe: Die Staatsanwältin konstatierte eine „hohe kriminelle Energie“ und warf Stolberg vor, viele untergebene MitarbeiterInnen in die Straftaten mit hineingezogen zu haben. Zudem habe er „ohne jede Not, nur aus überzogenem Ehrgeiz“ gehandelt. Sein Unternehmen habe er geführt „wie ein risikobereiter Pokerspieler“.
Dass Stolberg immer betont hätte, er selbst habe nie persönlich profitiert – geschenkt. „Wen, wenn nicht sich selbst, hat er denn bereichert?“ Stolberg habe sich während des Prozesses stets als „gutmütiger, naiver und leicht tollpatschiger Kapitän“ dargestellt. „Vieles will der Angeklagte nicht gewusst haben“, sagte die Staatsanwältin. Dabei sei er „der Patron im Hause gewesen, der Stratege, der blind vor Ehrgeiz“ ein Unternehmen an die Weltspitze führen wollte.
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