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Lahme Digitalisierung in DeutschlandWarten auf den Klick

Die Digitalisierung der Verwaltung geht schleppend voran, dabei sollte sie bis Ende 2022 abgeschlossen sein. Mal wieder hinkt Deutschland hinterher.

In naher Zukunft ohne physische Wartenummern? Wohl eher nicht Foto: Steinach/imago

E s ist ja mir schon fast unangenehm, wie muss es dann bloß Ent­schei­dungs­trä­ge­r:in­nen in unserer (ehemaligen) Bundesregierung gehen? Wobei, vermutlich ist es ihnen wurscht. Jedenfalls: Die Hälfte vom Jahr 2022 ist rum, Zeit, mal zu schauen, wie es eigentlich so um das Onlinezugangsgesetz (OZG) steht. Klingt unsexy, ist es aber nicht. Schließlich soll es uns Bür­ge­r:in­nen ermöglichen, von der Geburtsurkunde bis zur Baugenehmigung alles online zu beantragen. Kein ­monatelanges Warten auf Termine mehr, keine Wartenummer ziehen – einfach klick, klick, klick.

Wahnsinn, was scheinbar auch in Deutschland nur wenige Jahrzehnte nach Erfindung des Internets möglich ist. Und das alles bis Ende 2022 – denn bis dahin, so wollte es die bei diesem Thema einmalig mutige Große Koalition, sollen die wichtigsten 575 Verwaltungsleistungen eben auch online funktionieren. Mit diesem Versprechen hat sie der Ampelkoalition einen riesigen Haufen Arbeit und Probleme hinterlassen, denn erledigt ist praktisch gar nichts.

Schon im April hatte der Bundesrechnungshof scharfe Kritik an den bisherigen Versprechen geäußert und klargemacht: Das wird nichts bis Ende Dezember. Die Prüfer befassen sich darin mit der Rolle des Bundesinnenministeriums (BMI), das für die Digitalisierung der Leistungen verantwortlich ist, die vom Bund selbst angeboten werden. Sie machen aber nur einen kleineren Teil der insgesamt rund 7.600 einzelnen Verwaltungsleistungen deutscher Behörden aus. Der große Rest liegt bei den Bundesländern und Kommunen.

Doch auch bei den selbst verantworteten Diensten hinkt der Bund laut dem Bericht massiv hinterher. Von seinen 1.532 zu digitalisierenden einzelnen Verwaltungsleistungen wurden demnach gerade einmal 58 wie vorgesehen vollständig und flächendeckend online umgesetzt. Nach mehr als vier Jahren der Konzipierung und Arbeit ist das praktisch gar kein Ergebnis.

Umsetzung frühstens 2025

Zuerst hatte sich das Bundesinnenministerium noch gegen die Kritik gewehrt, auf ihrer eigens eingerichteten Webseite über die eben doch schon vorhandenen Fortschritte informiert. Mittlerweile meint selbst Nancy Faeser, die flächendeckende komplette Umsetzung wird frühestens 2025 der Fall sein. Weiterhin ihr Motto: „Wir wollen einen digitalen Staat, der konsequent aus der Perspektive der Bürgerin und des Bürgers gedacht ist. Wir wollen unser Land moderner, bürgernäher und digitaler machen.“ Klingt nicht nach unserem heiß geliebten Behördendeutschland – Faser scheint direkt nach den Sternen zu greifen.

Aber zurück auf den Boden der Tatsachen. Aktueller Stand: 15 Prozent wurden bisher umgesetzt, allerdings auch nicht flächendeckend. Um sich im internationalen Vergleich zu verbessern, muss Deutschland also noch einiges tun. Denn 2021 lag Deutschland auf Platz 22 von 27 in der EU bei Online-Behördendiensten und auf Rang 61 im UN-Index zur digitalen Teilhabe – hinter Armenien und Oman. Ja, Vergleiche bei der Digitalisierung haben in Deutschland noch nie Spaß gemacht.

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Malaika Rivuzumwami
Redakteurin taz zwei
Jahrgang 1994 | bei der taz seit 2016 | früher auf Deutschlandreise für taz.meinland & Editorial SEO für die taz | seit 2019 Redakteurin für Gesellschaft und Medien | spricht mit im Podcast Weißabgleich und schreibt die Kolumne Digital Naives | Interessiert sich für Datenpolitik, Fake News & Social Bots.
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1 Kommentar

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  • Vielleicht sollten wir einfach mal mit dem Erbe der deutschen Vereinigung aufräumen (ja, der im 19. Jahrhundert) und endlich mal die Kleinstaaterei beenden. Es braucht nicht jeder Kleinstaat sein eigenes Baurecht, die Verwaltungsstruktur des Bildungswesens ist ein einziger riesiger organisatorischer Müllhaufen. Dann würde auch eine Digitalisierung Sinn machen. Beim aktuellen Zustand der deutschen Verwaltung ist es vielleicht billiger, beim guten alten Papier zu bleiben.