Läuferin Konstanze Klosterhalfen: Das Doha-Easy-Peasy-Project
Konstanze Klosterhalfen gibt zu verstehen, dass sie nichts mit den unlauteren Praktiken von Alberto Salazar zu tun hat. Nun steht das 5.000-Meter-Finale an.
Die Qualifikation hat sie am Dienstag souverän geschafft. Jetzt steht an diesem Samstag das Finale über 5.000 Meter an. Manche trauen der Ausnahmeläuferin einen Podestplatz zu. Wenn denn das Rennen für sie passt, es eher gleichmäßig und weniger taktisch verläuft – und sie die Schlagzeilen der vergangenen Tage ausblenden kann.
„Wir fokussieren uns voll auf den Sport. Konstanze ist eine sehr professionelle Athletin“, sagte Alexander Stolpe, der Bundestrainer, vor dem Rennen. Selber Ton von der Sportlerin: „Wir konzentrieren uns, um unsere Leistung zu zeigen und damit auch zu zeigen, wie hart wir trainieren, was für gute Arbeit das Team leistet.“
Verbotene Infusionen
Anfang der Woche war der US-Trainer Salazar wegen der Verletzung von Anti-Doping-Bestimmungen für vier Jahre gesperrt worden. Dem 61-Jährigen wird unter anderen vorgeworfen, verbotene Infusionen angewendet, mit Testosteron gehandelt und Daten bei Kontrollen manipuliert zu haben. Salazar bestreitet das. Er will gerichtlich gegen die Sperre vorgehen. Die Akkreditierung bei der Weltmeisterschaft hat der Coach aber erst mal verloren. Alberto Salazar ist inzwischen, so hört man, abgereist.
Alexander Stolpe, Bundestrainer
Konstanze Klosterhalfen trainiert erst seit November 2018 in Oregon. Seit April 2019 gehört sie offiziell zum Projekt, als eine von zwölf Athleten und Athletinnen. Neben ihr trainieren auch die Weltmeister von Doha, Donovan Brazier (USA) und Sifan Hassan (Niederlande), im Team. Bekanntestes Gesicht ist aber der viermalige Olympiasieger Mo Farah aus Großbritannien, der das Projekt inzwischen verlassen hat.
Seit ihrem Wechsel hatte sich Klosterhalfen immer wieder unangenehmen Fragen stellen müssen. Anfangs hatte sie das noch weggelächelt. Zuletzt hatte sie dann aber zunehmend verärgert reagiert. „Sauer und traurig“ war sie etwa im Sommer nach der Deutschen Meisterschaft, als kaum einer zur 5.000-Meter-Fabelzeit von 14:26,76 gratulierte und stattdessen wieder kritische Fragen kamen. Sie selbst ist in dem aktuellen US-Verfahren nicht beschuldigt und auch noch nie mit den Antidopingbestimmungen in Konflikt geraten. Die Vorwürfe gegen Salazar beziehen sich auf die Jahre 2010 bis 2014.
Training auf Unterwasserlaufbändern
Klosterhalfen hat ihre Zeiten seit dem Wechsel erheblich ausgebaut. Allein in diesem Sommer verbesserte sie den deutschen Rekord über die Meile, 3.000 und 5.000 Meter. Skepsis angesichts dieser Leistungssprünge lässt sie nicht gelten. Es sei einfach Training auf anderem Niveau, sagt sie. Auf dem Nike Campus in Portland können sie zum Beispiel Höhentraining simulieren und auf Unterwasserlaufbändern arbeiten – Einrichtungen, von denen das große Talent in ihrer Heimat Leverkusen nur träumen konnte.
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
Seit der Sperre betonten Sportlerin und Management auch immer wieder, dass Klosterhalfen gar nicht beim Beschuldigten direkt trainiert hat. „Mein Trainer ist Pete Julian und nicht Alberto Salazar“, der Co-Trainer also. Darüber hinaus könne sie nur berichten, was sie selbst erlebt habe, sagt sie. Und da ist sie sich ganz sicher: „Doping war nie ein Thema.“
Deshalb sehen Klosterhalfen und der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) auch keinen Handlungsbedarf – zumindest noch nicht. „Letztendlich ist Konstanze eine mündige Athletin“, sagte DLV-Generaldirektor Idriss Gonschinska. Sie habe klar formuliert, dass sie jegliche Form von Manipulation verurteilt. Man wolle erst einmal die „Informationslage einordnen“ und dann nach der WM mit der Athletin und dem Betreuerteam das Gespräch suchen.
Eine Trennung kommt für Konstanze Klosterhalfen aber anscheinend nicht in Frage. „Ich bin superglücklich in diesem Team, und ich freue mich jetzt schon, nach der Saisonpause wieder hinzugehen und weiter zu trainieren, besser und schneller zu werden.“ Bis zum Rennen am Samstag (21.25 Uhr) steht die Regeneration im Vordergrund. Eine Medaille wäre schön, ist aber keine Pflicht, sagt sie. „Ich weiß, dass ich hier nichts mehr zu beweisen hab. Ich hatte schon eine gute Saison und möchte einfach mein bestes Rennen des Jahres zeigen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich