Länger lernen bis zum Hamburger Abi: Volksini für G9 vor Abgabeschluss
Hamburger Elterninitiative sammelt bis heute Unterschriften für G9. Sie beklagt, dass die Debatte darüber behindert worden sei.
![Eine Person geht an einem Werbeplakat für das neunjährige Gymnasium vorbei Eine Person geht an einem Werbeplakat für das neunjährige Gymnasium vorbei](https://taz.de/picture/7268390/14/online-G9-Begehrendpa-Daniel-Bockwoldt-1.jpeg)
In Hamburgs Politikbetrieb gilt das Anliegen als indiskutabel. Denn es gibt die Stadtteilschule, und dort haben Schüler für das Abitur neun Jahre Zeit, während die Gymnasien das achtjährige Abi (G8) haben. Das legt ein „Schulfrieden“ von CDU, SPD, FDP und Grünen fest. Vielen sehen im Vorstoß für G9 einen Angriff auf diese Struktur.
Eine vernichtende Kritik verschickte der „Verband der Stadtteilschulen GGG“. Die Initiative habe ihren Gesetzentwurf noch einmal „verschärft“. Sie wolle nicht nur den Stadtteilschulen ihr „Alleinstellungsmerkmal“ G9 nehmen, sondern zudem das Sitzenbleiben wieder ermöglichen.
Und sie wolle erreichen, dass die Schüler am Ende jedes Schuljahres die Schulform wechseln können. Damit zeige sie „ihr wahres Gesicht“. Die eigenen Kinder sollten aufs Gymnasium. Die Stadtteilschule komme erst nach Fehlversuchen in Betracht, „aber das dann bitte jederzeit“. Das G9-Begehren sei „vom puren Egoismus“ geleitet.
Ins falsche Licht gerückt?
Die Initiative sieht sich hier zu Unrecht kritisiert. Ein Blick in ihren Gesetzestext zeigt, dass sie hier nur eine „Übergangsregelung“ für die älteren Jahrgänge bei der Umstellung im Sinn hat. „Uns wurde ja im Rathaus gesagt, dass wir nicht alle Jahrgänge auf einmal ins G9 überführen können“, sagt Sprecherin Sammar Rath.
Dass „G9 Hamburg“ dauerhaft das Sitzenbleiben einführen wolle, sei falsch. Rath: „Das rückte uns in ein sehr schlechtes Licht.“ Ihr Vorschlag orientiere sich an den Lockerungen, die es wegen Corona gab und solle allen G8-Schülern ermöglichen, ein Jahr länger zu lernen.
Zudem kritisiert die Initiative im offenen Brief, dass die Schulbehörde jede Diskussion über das Volksbegehren an den Schulen untersagt habe. In einer Mail schrieb eine Oberschulrätin, es sei verboten, auf Elternabenden erstellte Mail-Listen für andere Zwecke zu nutzen. Sogar von Bußgeldern ist dort die Rede. „Das schüchtert sehr ein“, sagt Rath.
Die Behörde weist den Vorwurf zurück. „Die Schulbehörde unterbindet keineswegs irgendwelche Diskussionen an Schulen“, versichert deren Sprecher Peter Albrecht. Es dürften nur wegen der Neutralität Volksinitiativen nicht in Schulen sammeln, davor jedoch schon.
Dort standen die Eltern auch. Nach Zahlen gefragt, sagt Rath: „Wir haben noch nicht gezählt. Es könnte knapp werden.“ Sie erlebten viel Zuspruch. „Der Wille bei den Eltern ist da. Aber wir haben nicht genug Leute mit Klemmbrettern, die sammeln.“ Da sei es schade, dass die Senatorin nicht reden wolle. „Wir liefern doch die Elternmeinung auf dem Silbertablett.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale