Längenbegrenzung für Onlinetexte: Der WDR legt sich (nicht) fest
Ein internes Dokument sät Zwist im Sender: Es setzt eine Zeichenzahl-Obergrenze für Onlinetexte. Angeblich ist alles nur ein Missverständnis.
Es rumort im WDR. Nachdem der Sender vergangene Woche bekannt gegeben hatte, seine Onlinetexte zu kürzen, protestieren nun die Redakteure. Intern ist ein Papier aufgetaucht, in dem genau definiert ist, wie lang Artikel künftig sein dürfen: 1.500 Zeichen für Nachrichtentexte, 2.500 Zeichen für Hintergrundberichte. Wer dies überschreite, dem drohten „Depublikation und persönliche Konsequenzen“. Datiert ist das Papier auf den 6. Dezember, unterschrieben ist es vom Büro des Onlinebeauftragten Hörfunk. Es liegt der taz vor.
Der WDR bestreitet die Gültigkeit des Schreibens. „Ein freier Mitarbeiter hat dieses Dokument aus einem Missverständnis heraus eigenmächtig erstellt. Es hat keine Gültigkeit: Es gibt weder fest verbindliche Zeichenvorgaben für Onlinetexte noch persönliche Konsequenzen für Redakteure“, sagt WDR-Sprecherin Ingrid Schmitz.
Die Redakteursvertretung des WDR ist trotzdem sauer. In einer Mail an den Intendanten Tom Buhrow schreibt sie: „Fassungslos sind wir über die Art und Weise der internen Verbreitung des Beschlusses: Ein freier Mitarbeiter […]erlässt eine ‚Dienstanweisung‘ und droht den KollegInnen im Falle der Zuwiderhandlung mit ‚persönlichen Konsequenzen‘.“ Der WDR betrete „ein neues Feld des internen Kommunikationsstils“. Die WDR-Sprecherin entgegnete, die Senderchefs hätten die Redakteure vielfältig informiert.
Der WDR hatte vergangene Woche als erste und bisher einzige ARD-Anstalt beschlossen, seine Onlinetexte stark zu beschränken. Er kommt damit den Zeitungsverlegern entgegen, die die Webseiten der Öffentlich-Rechtlichen für „Gratispresse“ halten. Der Chef des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Mathias Döpfner will, dass die Startseiten von ARD, ZDF und Deutschlandradio zu maximal einem Drittel aus Texten bestehen.
WDR-Intendant Buhrow hatte am Montag im Deutschlandfunk gesagt, ihm sei eine Anweisung über konkrete Längenangaben nicht bekannt. Weiter sagte er, er bewege sich mit seiner Entscheidung das WDR-Angebot zu kürzen, „innerhalb des Geleitzuges der ARD“. ARD-intern weist man diese Behauptung zurück. Buhrows Entschluss sei ARD-weit nicht abgesprochen gewesen.
Irritationen gibt es auch darüber, dass der WDR mit seinem Beschluss vorprescht. Anfang des Jahres war ein möglicher Kompromiss zwischen ARD und Verlegern nah. Es sollen vor allem WDR und BR gewesen sein, die diesen verhindert haben, heißt es aus ARD-Kreisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten